Sonntag, 30. September 2012

Jack Ketchum - Evil

Klappentext:


Die USA in den 50er-Jahren. Nach außen hin eine heile Welt, doch inmitten der amerikanischen Vorstadtidylle wird ein Junge mit unvorstellbaren Grausamkeiten konfrontiert. Jack Ketchum zeigt in seinem beunruhigenden, grenzüberschreitenden Horrorthriller die Abgründe der menschlichen Seele auf. 

Quelle: Amazon.de
Kritik:

Der Klappentext lässt nicht viel über den eigentlichen Inhalt des Buches verlautbaren, darum nehme ich mir hier die Freiheit, ein bisschen weiter ins Detail zu gehen. Ketchum beschreibt in diesem Roman, was Menschen anderen Menschen antun können. Schutzbefohlenen, deren Freunden - und nicht zuletzt auch, was für Auswirkungen das Handeln eines Einzelnen auf das Leben von vielen anderen, nicht zuletzt auch von Unbeteiligten, haben kann. Ketchum gilt als einer der härtesten Autoren der modernen Horrorgeschichte - und Evil, so zumindest eine häufig gehörte Meinung, ist hierbei das Kronjuwel in seinem Repertoire. Große Worte, welche sich teilweise durchaus bestätigt haben. Auch wenn der Roman (wie eigentlich alles, was ich in letzter Zeit gelesen habe) mal wieder aus der Sicht der Hauptfigur erzählt wird. Ebenfalls erwähnenswert ist, dass diese Geschichte, so traurig wie es klingt, sich tatsächlich in den 50er Jahren abgespielt hat - was sie noch etwas grausamer werden lässt, als es bei reiner Fiktion ohnehin schon der Fall wäre.
Die Geschichte an sich ist dabei nicht einmal sonderlich ungewöhnlich. Eine Kleinstadt, in der jeder jeden kennt - insbesondere in der kleinen Einbahnstraße direkt am Waldrand. David, eines der Kinder aus dieser Straße, trifft beim spielen am Fluss ein Mädchen welches er noch nie gesehen hat - es stellt sich heraus, dass es die Ziehtochter seiner Nachbarin ist. Die beiden beginnen, sich anzufreunden. So weit, so normal. Das erste Drittel des Buches beschäftigt sich zum Großteil damit, die Beziehung zwischen Meg und David aufzubauen - um sie dann ganz schnell zu zerstören und ins Gegenteil umzukehren. Ketchum versteht es sehr gut, von einer durchaus "liebenswerten" Geschichte innerhalb weniger Seiten zu etwas umzuschlagen, was zwar durchaus als brutal, aber immer noch als irgendwie nachvollziehbar bezeichnet werden kann. Die Strafen, welche Megs Stiefmutter an den Tag legt sind hart - aber traurigerweise auch in manchen Haushalten wohl alltäglich. Die Steigerung erfolgt ab diesem Punkt aber schnell und konstant, so dass der Autor seine Protagonisten schließlich in eine Situation stößt, die - vor allem für Meg, welche sich als Gefangene im Keller den Grausamkeiten ihrer Stiefmutter und jedem Kind, welches gerade Interesse an ihr hat - ausgesetzt wird. Ketchum schafft es hierbei, den Leser auf einem Grad zwischen Faszination und Ekel schreiten zu lassen, der zum Ende des Buches hin immer dünner wird. Tatsächlich dürfte es ihm gelungen sein, dem einen oder anderen Leser die Frage einzupflanzen, was wohl hinter den geschlossenen Türen seiner Nachbarn vorgehen mag. Die Härte hierbei liegt nicht in den expliziten Schilderungen - obwohl diese teilweise nicht ohne sind, auch wenn Ketchum bei einer der härtesten Stellen seinen Hauptcharakter diese "einfach nicht schildern lassen" will. Muss auch nicht sein, denn die eigentliche Brutalität des Buches liegt mehr auf der psychologischen denn auf der grafischen Ebene.

Die Charakterzeichnung ist dabei gut gelungen, auch wenn sie sich in erster Linie auf David und seinen Freundeskreis beschäftigt. Tiefgehend wird schließlich nur die Hauptfigur auseinander genommen, der Autor schafft es hierbei jedoch, auch die Nebenakteure nicht langweilig oder oberflächlich wirken zu lassen. Vor allem aber gelingt es ihm, Davids Gedankengänge und seinen Werdegang im Laufe der kompletten Geschichte zu verstehen - und sich mit ihm zu schämen, teilweise sogar, ihn für sein Nichtstun zu verachten. Etwas, was später direkt wieder revidiert wird. Ein gelungenes Spiel mit Emotionen, nicht nur im Rahmen der Handlung des Romans.

Der größte Schwachpunkt hingegen ist das Vorwort von Stephen King. Ja, es ist sehr informativ und hat mir persönlich den einen oder anderen Autoren näher gebracht, beziehungsweise dafür gesorgt, dass ich mich näher mit ihm auseinander setzen möchte. Das ganz große "Aber" bei der Sache ist jedoch, dass King mit seinen Zeilen viel von dem vorweg nimmt, was den Leser erwartet - teilweise mit recht detaillierten Beschreibungen. Hier hätte ich mir weniger gewünscht, denn es ist schon recht schade, direkt zu Beginn - und vor allem aus der Feder von jemandem, der es eigentlich besser wissen sollte - solch umfangreiche Spoiler zu lesen.

Fazit:

"Evil" ist sicherlich harter Stoff. Aber ein durchaus lesenswertes, sehr gut geschriebenes Buch. Man sollte jedoch nicht erwarten, dass hier die Blutkeule gezückt wird, sondern muss sich auf einen eher psychologischen Horrortrip einstellen. Der Vergleich mit dem französischen Film "Martyrs" liegt hier - nicht ganz unberechtigterweise - sehr nahe.


Bewertung: 9/10 Punkten

Mittwoch, 26. September 2012

Mark Lawrence - Prinz der Dunkelheit

Klappentext:

Die Dunkelheit ist nicht das Ende, sie ist erst der Anfang.

Als Kronprinz Jorg mit ansehen muss, wie seine Mutter und sein Bruder ermordet werden, bricht für ihn eine Welt zusammen. Sein Vater, der König, unternimmt jedoch nichts, und so schwört Jorg Rache und schart eine Horde Gesetzloser um sich. Mordend und brandschatzend ziehen sie durch das Land und sind weithin gefürchtet. Doch Jorgs Rachefeldzug hat gerade erst begonnen - denn ein finsteres Schicksal voller Blut und Magie erwartet ihn...


(Quelle: Amazon.de)


Kritik:


Bei diesem Roman von Mark Lawrence handelt es sich um sein Debut - was ja nicht zwangsläufig etwas schlechtes bedeuten muss. Auf der anderen Seite wird man sich nach dem Lesen des Klappentextes wohl zwangsläufig denken "Das kenne ich doch schon irgendwie". Ja, einen Innovationspreis wird das Buch tatsächlich nicht gewinnen, es bleibt nun also abzuwarten, ob die inneren Werte stimmen, wenn man schon eine oft durchgekaute Geschichte vorgesetzt bekommt.
Eigentlich kann man sagen, dass Lawrence mit seinem Erstling nicht sonderlich viel falsch gemacht hat. Ja, es ist korrekt, dass seine Handlung sicherlich nicht gerade neu ist, aber zumindest ist der Mann in der Lage, das Bekannte in einem sehr schönen Gewand unter die Leute zu bringen - auch wenn er (wie es mir in letzter Zeit dauernd unterkommt) den "Prinz der Dunkelheit" aus der Sicht seines Hauptcharakters erzählt. Zumindest aber in der Vergangenheitsform. Hurra! Es gelingt ihm dennoch, seinem Werk einen nicht zu verachtenden Spannungsbogen zu verleihen, bei dem es zwar immer wieder einmal zu kleineren Hängern kommt, der sich aber nach diesen Phasen schnell wieder auf das Wesentliche konzentriert. Die Atmosphäre ist größtenteils gelungen und streckenweise wirklich sehr düster geraten, der deutsche Titel ist somit gut gewählt - wobei der englische "Prince Of Thorns" noch passender ist. Hier soll jedoch nicht zu viel verraten werden, denn die Spoiler-Gefahr wäre dabei sehr groß. Was es jedoch zu bemängeln gibt, ist die Tatsache, dass Lawrence auch bei den Locations mitunter sehr einfallslos ist. Schlösser, Burgen, Dörfer, alles schön und gut. Aber spätestens beim Gang durch die das Höhlensystem unter einem Berg fühlte ich mich schon arg an die Minen von Moria erinnert. Die Ausflüge in moderne Gefilde (so trifft man zum Beispiel ein Computersystem und - Achtung Spoiler - eine Atombombe an) wirken arg deplatziert, ebenso der Mix aus realer und Fantasy-Welt (unter anderem liest Jorg Nietzsche und Platon, es tauchen Teutonen auf etc.). Es mag sein, dass Lawrence den Aufbau einer fiktiven Zivilisation nach dem Untergang der unseren plant, allerdings ist sein Stil in diesem Punkt nicht ganz schlüssig, beziehungsweise unlogisch: warum ist Platon zum Beispiel bekannt, während bei Begegnungen mit unserer moderneren Zivilisation von den "Erbauern" gesprochen wird? Schade, hier hätte man sicherlich mehr Potential gehabt, welches aber nicht ausgeschöpft wurde.

Die Charakterzeichnungen sind leider zum Großteil recht schwach ausgefallen. Zwar erfährt man sehr viel über Jorg, seine Beweggründe und seine Vergangenheit, die anderen Figuren bleiben aber blass. Sie sind hat die Begleiter des jungen Prinzen, haben ihre Namen und werden in kurzen Texten zwischen den Kapiteln auch teilweise zumindest ansatzweise charakterisiert, viel mehr kann man aber nicht erwarten. Schade, denn auch die Geschichte des Nubiers oder von Hauptmann Markin wären mit Sicherheit auch sehr interessant zu lesen gewesen. So bleibt leider nur der Chef mit seiner halbwegs gesichtslosen Meute übrig, bei deren Toden oder Handlungen man nur bedingt mitfiebern kann. Auch hier also kein Sieg auf ganzer Linie, aber zumindest gute Ansätze.

Der Stil des Autoren ist durchaus ansprechend. Mark Lawrence versteht es, triviale Literatur halbwegs anspruchsvoll zu schreiben, auch der Übersetzer hat hier seinen Job sehr gut gemacht (danke vor allem auch dafür, dass nicht sämtliche Begriffe stumpf eingedeutscht wurden - eine schreckliche neue Mode!). Das Buch ist flüssig geschrieben, ohne dass man Lawrence großartige Fehler zuschreiben müsste. Spontan könnte man nur sagen, dass der zaghaft eingestreute Humor hinsichtlich seines verbitterten Hauptcharakters teilweise deplatziert wird, allerdings sind diese Momente recht selten. Auch in den Gewaltdarstellungen ist er nicht sonderlich zurückhaltend, auch wenn man hier sicherlich kein "Schlachtfest" zu erwarten hat. Die Gewalt steht nicht im Vordergrund, sondern wurde passend in die düstere Story und die brutale Welt eingebaut, die hier geschaffen wurde. 

Fazit:

Unterm Strich bleibt "Prinz der Dunkelheit" ein durchaus gelungener Erstling, dem man einige Schwächen verzeiht, weil weitaus mehr auch richtig gemacht wurde. Ich hoffe, dass sich Lawrence in eventuell noch folgenden Werken steigern kann und somit ein mehr als "nur" gelungenes Buch abliefern kann, welches die auftretenden Fragen beantworten kann.

Bewertung: 7/10 Punkten

Donnerstag, 13. September 2012

Max Brooks - Zombieparade

Klappentext:


Seit Jahrhunderten kämpft die Menscheit gegen die Zombies - ein Kampf, der von den Vampiren bislang unbeteiligt bis amüsiert beobachtet wurde. Doch langsam schwant den Geschöpfen der Nacht, dass sie sich werden einmischen müssen, wenn sie nicht riskieren wollen, dass mit den Menschen auch die eigene Existenzgrundlage vom Erdboden verschwindet. Die Zombieapokalypse naht - und das nicht nur in dieser neuen Geschichte von Max Brooks, dem Chronisten alles Untoten.




Kritik:


Wow, nur ein Tag nach seiner letzten Rezension legt uns der Typ ein neues Review vor! Wie macht der Kerl das blos? Nun, das ist schnell erklärt: Zombieparade, eine Sammlung von vier Kurzgeschichten, ist eigentlich nicht viel mehr als ein Büchlein mit gerade einmal 120 Seiten. Und zudem auch noch mit großem Schriftbild. Man sieht also, sonderlich gehaltvoll ist dieses Buch zumindest vom Volumen her nicht. Lohnen sich dann wenigstens die Geschichten?
Zum Teil ja. Natürlich muss man sagen, dass sich bei diesem Umfang natürlich keine großartigen Geschichten erzählen lassen, die Stories selbst sind zwar von der Länge her unterschiedlich ausgefallen, aber eines haben sie alle gemeinsam: Brooks verschwendet keine Zeit damit, einen Spannungsbogen aufzubauen, sondern wirft seine Leser direkt ins Geschehen. Dabei bleibt natürlich auch ein Großteil dessen, was ein gutes Buch ausmacht auf der Strecke. Gute, tiefgründige Charakterzeichnungen, eine nachvollziehbare Geschichte und so weiter. Man möge mich nicht falsch verstehen, mir ist durchaus bewusst, dass man eine Kurzgeschichte nicht mit einem Roman gleichsetzen sollte, aber selbst einen gewissen Effekt sollten auch sie mit sich bringen: nämlich den, dass der Leser gerne weiterliest. Das ist bei Brooks in diesem Buch leider nicht immer der Fall. Ich nehme mir aus diesem Grund die Freiheit, hier jede Geschichte für sich zu zerlegen.


Geschichte 1: Innerer Frieden GmbH

Auf einem ausgemusterten Kreuzfahrtschiff wurde nach dem Zombiekrieg eine Art Ferienressort eingerichtet, auf welchem jedem Kunden genau die gewünschte und passende Erholung geboten werden soll. Diese Geschichte beschäftigt sich mit einem dieser Kunden und ist in gerade einmal 16 Seiten heruntergerissen. Leider ist sie nicht viel mehr als ein einziger langer Gedankengang eben jenes Kunden, der zwar bedingt auf seine Vergangenheit eingeht, dem Leser aber (auf Grund der generell fehlenden Vorgeschichte) nicht die Möglichkeit bietet, sich mit ihm zu identifizieren. Unklar bleibt mir gerade wegen der kurz angerissenen Vergangenheit des Mannes auch, warum er nun ausgerechnet diese spezielle Art der Erholung gewählt hat. Spannung kommt nicht auf und man hat fast schon die Lust, das Buch wieder zur Seite zu legen. Kein sonderlich gelungener Auftakt.


Bewertung: 2/10 Punkten



Geschichte 2: Steve und Fred

Hier hat Brooks eigentlich zwei Geschichten um zwei unterschiedliche Personen verfasst, die nichts miteinander zu tun haben. Ob das nun ein Kniff war, um auf immerhin 22 Seiten Story zu kommen, lasse ich nun einmal dahin gestellt, denn Tatsache ist, dass es sich bei "Steve und Fred" um einen der besseren (wen nicht sogar den besten) Teile des Büchleins handelt. Die Story um Steve krankt zwar auch unter der Tatsache, dass man rein gar nichts über den Protagonisten erfährt, hat aber den großen Vorteil, dass er schnell und actionreich geschrieben ist - und die kurze "Laufzeit" auch lediglich dazu nutzt, eine einzige kurze Szene zu beschreiben, was Brooks auch sehr gut gelingt. Spannend und knackig, sehr gut für eine Shortstory.

Fred hingegen ist nun genau das Gegenteil, funktioniert aber auch sehr gut. Hier geht es um einen einzelnen Überlebenden, der sich schon eine geraume Weile in einer Hoteltoilette versteckt. Brooks setzt hier natürlich nicht auf Action, sondern nutzt geschickt die klaustrophobischen Anfälle seines Protagonisten und lässt ihn seine eigene Situation rekapitulieren. Zwar nicht gerade das, was man eine Ausgeburt an Spannung nennen würde, aber hier sollte sich wohl eher auf die Dramatik konzentriert werden - was auch wieder gelungen ist. Diese Episode ist also wirklich so durchgeflutscht.



Bewertung: 8/10 Punkten


Geschichte 3: Zombieparade

Die Titelgeschichte, in der neben Zombies nun auch Vampire auftauchen. Vermittelte Brooks im (echt lesenswerten!) Zombie Survival Guide und auch hier im Vorwort noch den Eindruck, dass er sich tatsächlich für jemanden hält, der sich ernsthaft mit einer gegeben Gefahr auseinander setzt, demontiert er sein Selbstportät hier deutlich. Was aber nicht heißen soll, dass die Geschichte schlecht ist, im Gegenteil. Sie ist die umfangreichste in dieser Sammlung und birgt neben einer tatsächlich spannenden Story auch ein nicht zu knappes Maß an Anspielungen auf unsere heutige Gesellschaft. Klingt ein bisschen so, als ob sich da jemand bei Romero hat inspirieren lassen? Ja, eindeutig. In den Topf wurden dann noch ein, zwei eigenständige Elemente geworfen und fertig war ein gut schmeckendes, wenn auch sehr kurzes, Menü. Erwähnen sollte man noch, dass hier den Charakteren im Gegenzug zu den anderen Geschichten auch etwas mehr Tiefgang verliehen wurde, was tatsächlich dazu führt, dass man sich zumindest ansatzweise mit dem erzählenden Vampir identifizieren kann.


Bewertung: 7/10 Punkten



Geschichte 4: Die Chinesische Mauer

Die letzte Geschichte ist wieder sehr kurz geraten und wie ein Interview aufgebaut. Die Protagonistin ist eine Chinesin, die vom Bau der (neuen) chinesischen Mauer erzählt, der persönlichen Leidensgeschichte, die damit einher gegangen ist und natürlich auch von den Schwierigkeiten, die die Untoten dabei gemacht haben. Leider muss man sagen, dass die Idee zwar gut ist, die Umsetzung aber eher langweilt. Man hat tatsächlich den Eindruck, es mit einem Interview für ein Magazin zu tun zu haben, nicht mit Unterhaltungsliteratur. Gut und schön, aber in letzter Instanz erwarte ich von einem Roman/ einer Kurzgeschichte eben dieses: unterhalten zu werden. Da hilft leider auch der - in dieser Story noch einmal etwas dicker aufgetragene - sozialkritische Anstrich nicht. Nette Idee, aber meines Erachtens nach am Ziel vorbei geschossen.


Bewertung: 4/10 Punkten

Man sieht also, dass Brooks mit "Zombieparade" mehrere gänzlich unterschiedliche Ansätze verfolgt, diese aber nur bedingt funktionieren. Eines haben sie aber alle gemein: stilistisch kann man sich über den Autoren nicht beschweren. Sie sind gut geschrieben, verfallen aber nicht in einen "Larifari-Erzählstil", der für das Zombiegenre (wenn auch eher im Filmbereich) mittlerweile ja trauriger Alltag ist. Wären die Inhalte jetzt alle auf einem ähnlichen Niveau wie die zweite und die dritte Geschichte gewesen, hätte man trotz aller Kürze also von einem rundum gelungenen Werk sprechen können.

Gesamtbewertung: 6,5/10 Punkten

Fazit:

Das Konzept "Kurzgeschichten" wird hier zielgerichtet umgesetzt. Hätte Brooks nun ein paar Seiten mehr verfasst und in den "langsamen" Episoden seinen Figuren mehr Tiefe verliehen, wäre vermutlich ein gutes Buch heraus gekommen. So muss man leider sagen, dass es nur mit Abstrichen empfehlenswert ist. Ich bin gespannt auf "Operation Zombie" - den Survival Guide sollte man übrigens für spontane Apokalypsen-Fälle unbedingt parat liegen haben.

Dienstag, 11. September 2012

Richard Kadrey - Sandman Slim: Höllendämmerung

Klappentext:

Früher war Stark der beste Magier von Los Angeles. Bis ein neidischer Konkurrent seine Freundin ermordete und ihn - im Wortsinn - zur Hölle schickt. Als Stark nach zehn Jahren die Flucht gelingt, kennt er nur ein Ziel: Rache. Und wer in der Unterwelt überlebt, ist eigentlich gegen jeden Gegner gewappnet. Doch neben Menschen, Engeln und Teufeln treibt noch eine weitere übermenschliche Spezies in L.A. ihr Unwesen, vor deren Macht und Bosheit alle Höllenfeuer verblassen...




Kritik:

Was für eine Unsitte ist das eigentlich im Moment, dass so viele Bücher im Präsens und der ersten Person geschrieben sind? Ich muss ganz ehrlich sagen, dass mich dieser Schreibstil schon öfters von Spontankäufen auf Grund interessanter Klappentexte abgehalten hat und ein solcher Kandidat wäre vermutlich auch dieses Buch hier gewesen. Nun war "Höllendämmerung" aber ein Geschenk meiner besseren Hälfte, was also schon einmal ein sehr guter Grund dafür war, des doch zu lesen ;-).

Was schon vor Beginn auffällt ist die Tatsache, dass der Verlag mit einer "in Arbeit befindlichen" Kinoverfilmung des Titels wirbt. Nun ja, so ganz schlecht dürfte er demnach ja schon einmal nicht sein, auf der anderen Seite gibt es aber auch viele Verfilmungen von Schund-Literatur. Pulp also. Und genau das ist hier wohl auch das Zauberwort, denn es stellt sich sehr schnell heraus, dass Kadrey offenbar keineswegs die Intention hatte, einen absolut ernsten Roman zu schreiben, sondern sich im Gegenteil ganz bewusst auf eben jene Schiene begeben hat. Nun ja, von der Idee mag man halten was man will, aber sie funktioniert: Da auch die Pressestimmen schon von einem B-Movie-Roman sprechen, geht man natürlich mit der Erwartung daran, dass man eben kein Hochglanzprodukt vorgesetzt bekommt, sondern eher dreckige, trashige Literatur. Nun verbindet man mit Trash ja gemeinhin eher handlungsarme und billige Atmosphäre - was sich hier glücklicherweise nicht bestätigt. Ja, die Story selber klingt schon erschreckend nach "The Crow", das muss man unumwunden zugeben, aber der Autor versteht es gut, diese bekannte Story auf seine eigene, sehr unterhaltsame Art zu erzählen. Kadrey zeichnet einen sich langsam entwickelnden Spannungsbogen, der den Leser schließlich auch bis zum Schluß mitreißt und dabei nur an wenigen Punkten etwas einknickt. Nichts, was man nicht verschmerzen könnte, denn nach diesen kurzen Durchhängern wird das Gaspedal auch wieder schnell durchgetreten und das Buch nimmt erneut Fahrt auf. Atmosphärisch ist der Roman düster gehalten, ohne dabei jedoch das Format der offensichtichen Vorlage zu erreichen - muss er auch nicht, denn auch hier bietet "Höllendämmerung" eine eigene Interpretation, die die pessimistische und misanthropische Weltanschauung des Hauptcharakters immer wieder mit Ironie, Zynismus weniger hintergründigen, dafür aber derben Witzen anreichert (definitv hängen geblieben sind bei mir die Unterhaltungen zwischen Stark und einem abgeschnittenen, aber dennoch lebendigen Kopf...). Ein interessantes Rezept, welches auch gut verdaulich ist. 

Die Charaktere selber sind hingegen eher ein Schwachpunkt des Romans, denn sie sind alle recht oberflächlich gehalten, der einzige über den man mehr als nur die unbedingt notwendigen Details erklärt ist Stark selber, mit Abstrichen vielleicht noch sein "Partner" Vidoq. Alle weiteren Nebenakteure bleiben hingegen eben das: für die Handlung zwar notwendig, davon ab aber nebensächlich. Hier hätte Kadrey noch ein paar Extrapunkte sammeln können, denn für mich wäre es schon interessant gewesen, zum Beispiel mehr über seinen Gegenspieler Mason zu erfahren. Gut, Luzifer und Uriel sind Gestalten, die man schon kennt und nicht noch unbedingt weiter ausstaffiert werden müssen, dennoch bleibt ein etwas trübes Bild übrig. Was man jedoch dennoch erwähnen muss, ist die Tatsache dass jeder auftauchende Charakter auf seine ganz eigene Art und Weise ein bisschen... "durchgeknallt" ist, was sich gut in den Gesamtkontext des Buches einfügt und nicht im geringsten störend wirkt. Zwar wird in diesem Rahmen auch das eine oder andere Klischee bedient, damit kann man aber gut leben, da die Rahmenbedingungen dadurch nicht angegriffen werden.

Zum Humor des Buches habe ich ja weiter oben schon etwas geschrieben, was durchaus auch repräsentativ für "Höllendämmerung" ist. Hier wird ebenfalls das B-Movie-Prinzip gezogen und ausgelebt. Was für viele Filme dieser Machart gilt, ist auch für Kadreys Werk gültig: Gewalt und Humor werden miteinander verwoben. Es wird viel getötet und gestorben und beinahe gestorben und so weiter, allerdings sind diese Passagen nicht so explizit geraten, wie er zuletzt bei den Bourbon Kid-Büchern der Fall war. "Höllendämmerung" verfügt zwar immer noch über eine gewisse Härte, diese steht hier aber weniger im Vordergrund und ist auch nicht so storybestimmend eingebaut, von daher braucht man sich auch nicht so sehr darauf einzustellen, man nimmt sie eher im vorbeigehen mit.

Fazit:

"Höllendämmerung" ist trotz der ungewöhnlichen Erzählperspektive ein gelungenes Buch, wenn man über kleine Detailmängel wie die eher flachen Charaktere und die offensichtliche Verwandschaft des Sandmannes mit der Krähe hinweg sehen kann. Dass es leicht trashig daher kommt, kann ich in diesem Fall absolut nicht als Kritikpunkt nehmen, denn genau das soll die Geschichte um Sandman Slim wohl auch sein. Ich werde jedenfalls die Augen nach dem zweiten Band offen halten müssen.

Bewertung: 7/10 Punkten
 Eine Rezension von BurnedEyez' Review-Corner

Samstag, 1. September 2012

Anonymus - Das Buch ohne Gnade

Klappentext:

"Ich schreibe so lange weiter, bis alle tot sind." (Anonymus - der Legende nach)

Ein Hotel irgendwo in der Wüste. Etwas Großes steht bevor: Abgehalfterte Barkeeper, teilweise talentierte Musiker und eine Handvoll Zombies machen sich auf den Weg zu dem Festival, das unter dem Motto "Back from the Dead" steht. Die Teilnehmer sollen längst verstorbene Stars imitieren. Keiner von ihnen ahnt, dass sie dem Tod näher sind, als ihnen lieb ist. Denn ein weiterer Gast steht auf der Liste: ein schlecht gelaunter Killer namens Bourbon Kid...

Eine Story wie in einem Road-Movie von Quentin Tarantino. Nur als Buch.





Kritik:

Das war er nun also, der dritte Band der Bourbon Kid-Reihe. Und wie immer haben wir es mit einem sehr reißerischen Klappentext zu tun, der dazu angetan ist, mehr zu versprechen als einen schließlich erwartet. Der Vergleich zu Tarantino mag zwar nicht grundverkehrt sein, aber als echte Referenz fungiert er meines Erachtens nach nicht. Aber fangen wir von vorne an.

Stammleser meines Blogs werden wissen, dass ich die ersten beiden Bände der Reihe schon mehr oder minder abgefeiert habe, was zum einen daran lag, dass sie sich auf Grund ihres recht hohen Gewaltlevels und dem damit verflochtenen Humor schon etwas abseits des Mainstreams bewegen, auf der anderen Seite aber auch sehr spannend geschrieben waren. Zumindest den zweiten Teil dieser Aussage kann man auch unumwunden wieder für dieses Werk von Anonymus verwenden. Man kann sagen, dass er sich in dieser Hinsicht mit jedem weiteren Buch etwas verbessert hat. Waren im ersten Roman noch die geschilderten Brutalitäten mehr oder minder der Mittelpunkt des Geschehen, konnte man schon im zweiten Buch feststellen, dass der Autor sich sehr gut auf das atmosphärische Darstellen der Action versteht - was er hier noch einmal weiter voran getrieben hat. Man möchte sagen, dass von der stilistischen und atmosphärischen Seite her das bislang beste Buch von Anonymus vorliegt - auch wenn Kenner der ersten beiden Bände vielleicht ein wenig vom Auftauchen der Charaktere Elvis und der mystischen Lady verwundert sein könnten. Was nämlich nirgends erwähnt wird: die Ereignisse dieses Romans finden noch zwei Jahre vor dem "Buch ohne Namen" statt - was natürlich leider dazu führt, dass man von vornherein weiß, wer diesen Trip überleben wird und dem Finale etwas von der Spannung nimmt, die das Ende der ersten Bände so lesenswert gemacht hat.

Was hingegen erwähnt wird, ist die Tatsache, dass der Autor für dieses Buch ein neues Setting verwendet hat, die vorliegende Geschichte hätte sich in Santa Modega sicherlich auch nicht so gut erzählen lassen wie hier. In diesem Punkt hat Anonymus also vieles richtig gemacht. Im Laufe der 427 Seiten bringt er die Qualitäten der Vorgänger wieder auf den Tisch: kurze und knackige Kapitel, die die Geschichte aus der Sichtweise eines Protagonisten beziehungsweise einer Protagonistengruppe erzählen und die mit einer atemberaubenden Geschwindigkeit aufeinander zubegewegen und schließlich im Finale miteinander kollidieren. Und wie auch in den älteren Titeln wechseln sich hier ruhige Passagen mit actionreichen ab. So weit, so bekannt. Gefeilt hat der Autor dabei jedoch an seinem Humor, welcher nun deutlich öfter und weniger brachial daher kommt. Das mag für den "Gelegenheitsleser" vielleicht zugänglicher sein, ich für meinen Teil mochte aber eben genau das am "Buch ohne Namen" und am "Buch ohne Staben", sie wirkten weitaus dreckiger als dieses Werk.

Nicht nur die humoristische Seite kommt im "Buch ohne Gnade" etwas harmloser daher, auch die Gewaltdarstellung ist eingeschränkter. Zwar gibt es mitunter immer noch einige sehr detaillierte Beschreibungen des Geschehens, im Vergleich mit den Vorgängern sind es jedoch deutlich weniger Szenen, denen man eine gewisse "Abartigkeit" bescheinigen könnte - und nach dem streckenweise äußerst derben zweiten Buch sind sie hier auch nicht gar so explizit ausgefallen. Im allgemeinen wird ohnehin deutlich weniger gestorben als noch in den Vorgängern. Bourbon Kid selber hat nur noch eine Kugel für sein Repertoire an Waffen, die im Roman auftauchenden Killerkollegen sind zwar besser ausgestattet, dafür jedoch mit weniger Zielen versehen. Für mich ist das schon ein kleiner Minuspunkt, denn auch hier stellt sich bei mir der Eindruck ein, dass man das Eckige und Kantige wegschleifen und das Schmutzige etwas aufpolieren möchte, was die ersten beiden Bücher ausgemacht hat. Schade, hier wäre es mir lieber gewesen, wenn die Machart der Vorgänger erhalten geblieben wäre. 

Fazit:

"Das Buch ohne Gnade" weiß immer noch zu gefallen, auch wenn ich den Eindruck habe, dass der Autor sich immer mehr an ein Mainstreampublikum annäheren möchte. Zwar werden nicht alle alten Markenzeichen fallen gelassen, aber man kann festhalten, dass "Anonymus" etwas von seiner Härte verloren hat. Dennoch freue ich mich darauf, (hoffentlich) bald die deutsche Übersetzung des "Book Of Death", also des vierten Bandes, welcher in England, Frankreich und in Spanien offenbar bereits verfügbar ist, in die Finger zu kriegen.

Bewertung: 7/10 Punkten
Eine Rezi von BurnedEyez' Review Corner