Arthur Gordon Wolf – Die weissen Männer
Voodoo Press 2013, 113 Seiten, 9,95 EUR
Inhaltszusammenfassung:
Brandon Tollivers Leben ist nicht
sonderlich aufregend. Besser gesagt wäre wohl noch, dass sein Leben
derzeit an einer Art Tiefpunkt ist. Seinen Job kann er nicht leiden,
Freunde oder Familie hat er nicht und seine Freundin hat zudem auch noch
vor kurzem per Holomail (wohl dem, der nur die heutzutage so verachtete
Korb-SMS bekommt!) Schluss gemacht. Aufregend wird es erst, als er
eines Nachts seiner Nachbarin zur Hilfe eilt, deren Replikant auf
unerklärliche Weise eine Fehlfunktion hat. Ihm ist noch nicht bewusst,
dass dieser Zwischenfall nur der Auftakt zu etwas viel größerem ist –
und dass er schon in Kürze in Lebensgefahr sein wird.
Kritik:
Wer mich kennt (oder einfach mal ein
bisschen hier gestöbert hat) weiß, dass ich ein großer Freund von
Dystopien bin. Außerdem wird auch schnell ersichtlich, dass ich auch
gerne einmal unbekannteren Autoren eine Chance gebe und dabei ebenso
gerne auch zu Werken aus Klein- und Nischenverlägen greife. “Die weissen
Männer” von Arthur Gordon Wolf fällt wohl in jede dieser Kategorien.
Dystopisch, ein zumindest mir unbekannter Autor und das ganze erschienen
bei Voodoo Press. Klingt abenteuerlich? Ist es auch!
Man mag sich an dieser Stelle natürlich
fragen, wie viel Atmosphäre und Spannung man in eine Novelle mit nicht
einmal 120 Seiten stecken kann. Eine Menge! Der Autor hat sich das Motto
“In der Kürze liegt die Würze” sehr zu Herzen genommen und beginnt
eigentlich vom Start weg einen Spannungsbogen zu weben, der sich auch
bis zum Schluss kontinuierlich durch “Die weissen Männer” zieht und
dabei stetig weiter ansteigt. Mir ist es jedenfalls sehr schwer
gefallen, das Büchlein aus der Hand zu legen. Auch atmosphärisch gibt
es keine Einknicker, Arthur Gordon Wolf stößt seinen Leser in eine recht
düstere Zukunft, die zumindest mich zwar an ein paar Stellen an “Der
Bladerunner” erinnert hat – was aber hinsichtlich der erzählten
Geschichte nicht weiter schlimm ist. Scheinen die Parallelen zu Beginn
und nach dem Lesen des Klappentextes noch recht deutlich zu sein,
verflüchtigt sich dieser Eindruck mit Voranschreiten der Story immer
mehr, so dass man am Ende zwar von ähnlichen Ideen aber doch recht
unterschiedlichen Handlungen sprechen kann. Man muss also nicht
befürchten, dass man es hier lediglich mit einer leicht modifizierten
Nacherzählung des großartigen Werkes von Philip K. Dick zu tun hat. Das
Erzähltempo ist hoch, anders kann man es nicht sagen. Wolf gibt in “Die
weissen Männer” ordentlich Gas und auch das kommt dem Buch alles in
allem sehr zu Gute, lässt keine Langeweile aufkommen und zieht den Leser
noch ein bisschen mehr in die Geschichte hinein. Vorwerfen kann man dem
Autoren lediglich eine gewisse Vorhersehbarkeit an einigen Stellen, was
aber den positiven Gesamteindruck nur wenig trübt. Das Ende habe ich
mit einem weinenden und einem lachenden Auge gesehen. Die eigentliche
Geschichte der Novelle wird zwar aufgelöst, es bleibt jedoch dennoch das
Gefühl, es mit einem waschechten Cliffhanger zu tun zu haben. Grrr!
Ganz stark sind die Charaktere. Ich mag
Anti-Helden an sich schon sehr gerne und die Hauptfigur Brandon Tolliver
ist dementsprechend ein absoluter Sympathieträger für mich. Wolf
schafft es ohne Schwierigkeiten, dem Leser ein Identifikationsgefühl mit
ihm zu vermitteln, was vielleicht auch an seinem eigentlich durchweg
“normalen” Hintergrund liegen mag. Kein Geheimagent mit übermenschlichen
Kräften, sondern einfach ein Typ wie du und ich, der in eine für ihn
nicht zu überblickende Situation gerät und von da an eigentlich nur ein
Ziel hat: überleben. Seine Handlungsweisen sind dabei ebenfalls absolut
menschlich und nachvollziehbar, wenn man einmal von einer kleinen
Stellen absieht, an denen ich mich dann doch fragen musste “Hätte ich
das jetzt auch gemacht?”. Die Nebencharaktere werden nur so weit
vorgestellt, wie es für die Geschichte unbedingt nötig ist. Da sie aber
tatsächlich nur in recht kurzen Passagen auftauchen, ist das auch nicht
weiter schlimm, zumal bei den wichtigeren auch die unmittelbaren
Hintergründe passend und logisch vermittelt werden.
“Die weissen Männer” war für mich wie
bereits erwähnt das erste Werk von Artur Gordon Wolf und ich kann sagen,
dass mir sein Stil sehr gut gefallen hat. Rasant geschrieben, eine
Menge Action und sehr viele Stellen, die mich als Leser sehr breit haben
grinsen lassen (“Kitty, Kitty, Kitty!” oder ein Telefonat zwischen
Brandon und einer Ex-Freundin – Großartig!). Er lässt dabei auch an
vielen Stellen eine deutliche Sozialkritik sprechen, welche zwar fest in
seiner dystopischen Welt verankert ist, aber an vielen Stellen (wie zum
Beispiel der Technik-Abhängigkeit) auch ohne Probleme auf unsere Zeit
zu übertragen ist. Gelungen. Und der Autor selbst gewinnt durch das
schöne wie auch amüsante Vorwort (welches dem Leser im Übrigen auch das
nötige Grundwissen um die UMC-Saga vermittelt) ohnehin schon noch einmal
einen Sympathiepunkt. Auch das tolle Cover von Timo Kümmel ist übrigens
ein echter Hingucker und an sich schon Kaufgrund genug.
Fazit:
Unter’m Strich ist “Die weissen Männer”
eine ziemlich runde Sache, die man jedem Freund von Dystopien im
Allgemeinen und “Bladerunner” im Speziellen nahe legen kann. Man darf
sich nicht von dem Begriff “UMC-Saga” erschrecken lassen, dieses Werk
steht für sich und erfordert kein Vorwissen. Die Novelle ist so etwas
wie ein Snack für Zwischendurch – aber einer, der Lust auf mehr macht.
Ich will wissen, wie es weiter geht! Jetzt!! Menno!!!
Bewertung: 8/10 Punkten
Eine Rezension von www.review-corner.de
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