Dienstag, 9. April 2013

Die weissen Männer

Arthur Gordon Wolf – Die weissen Männer
Voodoo Press 2013, 113 Seiten, 9,95 EUR



Inhaltszusammenfassung:
Brandon Tollivers Leben ist nicht sonderlich aufregend. Besser gesagt wäre wohl noch, dass sein Leben derzeit an einer Art Tiefpunkt ist. Seinen Job kann er nicht leiden, Freunde oder Familie hat er nicht und seine Freundin hat zudem auch noch vor kurzem per Holomail (wohl dem, der nur die heutzutage so verachtete Korb-SMS bekommt!) Schluss gemacht. Aufregend wird es erst, als er eines Nachts seiner Nachbarin zur Hilfe eilt, deren Replikant auf unerklärliche Weise eine Fehlfunktion hat. Ihm ist noch nicht bewusst, dass dieser Zwischenfall nur der Auftakt zu etwas viel größerem ist – und dass er schon in Kürze in Lebensgefahr sein wird.

Kritik:
Wer mich kennt (oder einfach mal ein bisschen hier gestöbert hat) weiß, dass ich ein großer Freund von Dystopien bin. Außerdem wird auch schnell ersichtlich, dass ich auch gerne einmal unbekannteren Autoren eine Chance gebe und dabei ebenso gerne auch zu Werken aus Klein- und Nischenverlägen greife. “Die weissen Männer” von Arthur Gordon Wolf fällt wohl in jede dieser Kategorien. Dystopisch, ein zumindest mir unbekannter Autor und das ganze erschienen bei Voodoo Press. Klingt abenteuerlich? Ist es auch!


Man mag sich an dieser Stelle natürlich fragen, wie viel Atmosphäre und Spannung man in eine Novelle mit nicht einmal 120 Seiten stecken kann. Eine Menge! Der Autor hat sich das Motto “In der Kürze liegt die Würze” sehr zu Herzen genommen und beginnt eigentlich vom Start weg einen Spannungsbogen zu weben, der sich auch bis zum Schluss kontinuierlich durch “Die weissen Männer” zieht und dabei stetig weiter ansteigt. Mir ist es jedenfalls sehr schwer gefallen, das Büchlein aus der Hand zu legen.  Auch atmosphärisch gibt es keine Einknicker, Arthur Gordon Wolf stößt seinen Leser in eine recht düstere Zukunft, die zumindest mich zwar an ein paar Stellen an “Der Bladerunner” erinnert hat – was aber hinsichtlich der erzählten Geschichte nicht weiter schlimm ist. Scheinen die Parallelen zu Beginn und nach dem Lesen des Klappentextes noch recht deutlich zu sein, verflüchtigt sich dieser Eindruck mit Voranschreiten der Story immer mehr, so dass man am Ende zwar von ähnlichen Ideen aber doch recht unterschiedlichen Handlungen sprechen kann. Man muss also nicht befürchten, dass man es hier lediglich mit einer leicht modifizierten Nacherzählung des großartigen Werkes von Philip K. Dick zu tun hat. Das Erzähltempo ist hoch, anders kann man es nicht sagen. Wolf gibt in “Die weissen Männer” ordentlich Gas und auch das kommt dem Buch alles in allem sehr zu Gute, lässt keine Langeweile aufkommen und zieht den Leser noch ein bisschen mehr in die Geschichte hinein. Vorwerfen kann man dem Autoren lediglich eine gewisse Vorhersehbarkeit an einigen Stellen, was aber den positiven Gesamteindruck nur wenig trübt. Das Ende habe ich mit einem weinenden und einem lachenden Auge gesehen. Die eigentliche Geschichte der Novelle wird zwar aufgelöst, es bleibt jedoch dennoch das Gefühl, es mit einem waschechten Cliffhanger zu tun zu haben. Grrr!

Ganz stark sind die Charaktere. Ich mag Anti-Helden an sich schon sehr gerne und die Hauptfigur Brandon Tolliver ist dementsprechend ein absoluter Sympathieträger für mich. Wolf schafft es ohne Schwierigkeiten, dem Leser ein Identifikationsgefühl mit ihm zu vermitteln, was vielleicht auch an seinem eigentlich durchweg “normalen” Hintergrund liegen mag. Kein Geheimagent mit übermenschlichen Kräften, sondern einfach ein Typ wie du und ich, der in eine für ihn nicht zu überblickende Situation gerät und von da an eigentlich nur ein Ziel hat: überleben. Seine Handlungsweisen sind dabei ebenfalls absolut menschlich und nachvollziehbar, wenn man einmal von einer kleinen Stellen absieht, an denen ich mich dann doch fragen musste “Hätte ich das jetzt auch gemacht?”. Die Nebencharaktere werden nur so weit vorgestellt, wie es für die Geschichte unbedingt nötig ist. Da sie aber tatsächlich nur in recht kurzen Passagen auftauchen, ist das auch nicht weiter schlimm, zumal bei den wichtigeren auch die unmittelbaren Hintergründe passend und logisch vermittelt werden.

“Die weissen Männer” war für mich wie bereits erwähnt das erste Werk von Artur Gordon Wolf und ich kann sagen, dass mir sein Stil sehr gut gefallen hat. Rasant geschrieben, eine Menge Action und sehr viele Stellen, die mich als Leser sehr breit haben grinsen lassen (“Kitty, Kitty, Kitty!” oder ein Telefonat zwischen Brandon und einer Ex-Freundin – Großartig!). Er lässt dabei auch an vielen Stellen eine deutliche Sozialkritik sprechen, welche zwar fest in seiner dystopischen Welt verankert ist, aber an vielen Stellen (wie zum Beispiel der Technik-Abhängigkeit) auch ohne Probleme auf unsere Zeit zu übertragen ist. Gelungen. Und der Autor selbst gewinnt durch das schöne wie auch amüsante Vorwort (welches dem Leser im Übrigen auch das nötige Grundwissen um die UMC-Saga vermittelt) ohnehin schon noch einmal einen Sympathiepunkt. Auch das tolle Cover von Timo Kümmel ist übrigens ein echter Hingucker und an sich schon Kaufgrund genug.

Fazit:
Unter’m Strich ist “Die weissen Männer” eine ziemlich runde Sache, die man jedem Freund von Dystopien im Allgemeinen und “Bladerunner” im Speziellen nahe legen kann. Man darf sich nicht von dem Begriff “UMC-Saga” erschrecken lassen, dieses Werk steht für sich und erfordert kein Vorwissen. Die Novelle ist so etwas wie ein Snack für Zwischendurch – aber einer, der Lust auf mehr macht. Ich will wissen, wie es weiter geht! Jetzt!! Menno!!!

Bewertung: 8/10 Punkten

Eine Rezension von www.review-corner.de

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