Samstag, 9. Februar 2013

Die göttlichen Geheimnisse der Ya-Ya-Schwestern

Rebecca Wells - Die göttlichen Geheimnisse der Ya-Ya-Schwestern (2001)

erschienen im Goldmann Verlag



Inhalt:

Die vier Mädchen hatten noch Bänder im Haar und Söckchen an, als sie miteinander in Louisiana davon träumten die letzten Überlebenden eines aussterbenden Stammes zu sein - die Ya-Yas.
Zusammen nahmen sie am Shirley-Temple-Nachwuchs-Wettbewerb teil und brachten nicht nur die Jury mit ihrem ungewöhnlichen Benehmen in Verlegenheit, sie waren auch bei der Welturaufführung ihres späteren Lieblingsfilms Vom Winde verweht anwesend. Mitunter wurde ihr Club zu einem Quartett der Peinlichkeiten, doch die vier standen, was auch kommen mochte, felsenfest zusammen.
Gesammelt hat Vivi ihre Erlebnisse in einem Album, das sie Die göttlichen Geheimnisse der Ya-Ya-Schwestern nannte. Und als sie es, viele Jahre später, ihrer Tochter Sidda zum Lesen gibt, ist ihr Mutter-Tochter-Verhältnis gerade zum Bersten gespannt, denn immerhin hat Sidda in der New York Times bei einem Interview zu ihrem neuen Theaterstück ihre Mutter als "eine Step tanzende, prügelnde Rabenmutter" bezeichnet. Sidda begibt sich auf die schmerzliche Suche nach der Wahrheit, und oft erzählen ihr die fehlenden Personen auf den Fotos mehr als die Bilder selbst.

Kritik:

Normalerweise liest man erst ein Buch, dann sieht man sich die Verfilmung an. Bei mir war es in diesem Fall genau umgekehrt. Es ist viele Jahre her, seit ich den Film das erste Mal sah und mich spontan in ihn verliebte. Irgendwann war ich auf der Suche nach einem Geschenk für meine Mutter und schenkte ihr diesen Film und das passende Buch. Beides wanderte eines Tages dann in meinen Besitz, und so kam ich dann erst dazu, das Buch zu lesen. Oft ist es ja so, dass man von Verfilmungen enttäuscht ist, weil das Buch viel mehr Details einfängt, die man zu Gunsten des geneigten Cineasten weg lässt. Das Buch ist gut, keine Frage, es zählt zu meinen Lieblingsbüchern, aber in diesem Fall gefiel mir der Film noch einen Tick besser.



Die Protagonistin des Buches ist Sidda, eine junge Frau, die wenig Verständnis für ihre Mutter aufbringt und deren Verhältnis zu eben dieser mehr als gespannt ist. Sie versteht die Handlungsweise von Vivi nicht, weder heute und noch weniger in der Vergangenheit. Doch dann bekommt sie das Album: Die göttlichen Geheimnisse der Ya-Ya-Schwestern. In diesem Album hat Vivi mit ihren Freundinnen Necie, Teensy und Caro die Erinnerungen fest gehalten, die sie durch ihre Kindheit, ihre Jugend und auch durch das Erwachsenenalter begleiten. Es hilft Sidda, die Dinge, die geschehen sind in einem anderen Licht zu sehen und ihre Mutter besser zu verstehen. Aber bedeutet das denn auch, dass sie ihrer Mutter verzeihen kann? Die Geschichte an sich ist nicht neu, denn es geht um Freundschaft, um Liebe und um die Familie, um Fehler, die nun einmal geschehen und die man nicht rückgängig machen kann. Dennoch schafft es Rebecca Wells uns zu verzaubern. Sie schafft eine Atmosphäre, von der man behaupten könnte, dass sie dem typischen Südstaaten-Flair entspricht: langsam und träge und doch so voller Leben, dass jede Seite vor Lebendigkeit beinahe berstet. Es ist eine Geschichte, die einen zum Nachdenken anregt, über sich und die eigenen Freundschaften und vielleicht sogar über das eigene Verhältnis zu den Eltern. Gemeinsam mit Sidda tauchen wir ein in diese wundersame Welt, die in der Realität lag und doch magisch zu sein schien.

Die Charaktere in diesem Buch sind faszinierend, denn unterschiedlicher als Vivi, Necie, Teensy und Caro könnten wohl Freundinnen nicht sein. Und doch kann nichts und niemand sie trennen. Während Vivi schon immer die Diva unter den vieren war, ist Necie die schüchtern und leise, Teensy die nüchterne und Caro die ruppige, forsche. Und doch liebt man sie alle, denn sie alle miteinander ergeben ein wunderbar harmonisches Bild. Man lernt jeden einzelnen schätzen und lieben. Anfangs bleibt Sidda leider etwas oberflächlich, da die Geschichte in der Kindheit der vier Freundinnen beginnt und sich in einem langsamen Tempo voran arbeitet, aber als Vivi schließlich erwachsen ist und Sidda auf die Welt kommt, mischen sich Siddas eigene Erinnerung in die von Vivi, und man bekommt einen besseren Eindruck davon,. wie unterschiedlich eine identische Erinnerung aus zwei verschiedenen Blickwinkeln sein kann. Und wie sich Menschen deswegen voneinander entfernen können. Die Nebencharaktere sind ebenfalls sympathisch und interessant gezeichnet, heben sich aber nicht ab von dem Freundinnen-Quartett und bleiben eher schwach neben dieser kraftvollen Kombination. Aber das ist vielleicht auch gewollt, um den Fokus nicht zu verlieren und schadet dem Spannungsbogen nicht.

Fazit:

Die göttlichen Geheimnisse der Ya-Ya-Schwestern ist eine wundervolle Hommage an die Freundschaft und die Familienbande, eine der besten, die ich neben Grüne Tomaten je gelesen habe. Film und Buch unterscheiden sich, denn während der Film die Atmosphäre von Louisiana mit Bildern einfängt, setzt das Buch auf detaillierte Beschreibungen, um ein solches Bild zu erzeugen, und auch wenn ich den Film ein kleines Quentchen lieber habe, ist das Buch doch ebenso wundervoll. Wenn man es ausgelesen und beiseite gelegt hat, möchte man unbedingt eine von ihnen sein, den Ya-Ya-Schwestern und stellt fest, dass man die eine oder andere von ihnen schon in seinem Leben hat.

Bewertung: 8/10 Punkte

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