Sonntag, 30. September 2012

Jack Ketchum - Evil

Klappentext:


Die USA in den 50er-Jahren. Nach außen hin eine heile Welt, doch inmitten der amerikanischen Vorstadtidylle wird ein Junge mit unvorstellbaren Grausamkeiten konfrontiert. Jack Ketchum zeigt in seinem beunruhigenden, grenzüberschreitenden Horrorthriller die Abgründe der menschlichen Seele auf. 

Quelle: Amazon.de
Kritik:

Der Klappentext lässt nicht viel über den eigentlichen Inhalt des Buches verlautbaren, darum nehme ich mir hier die Freiheit, ein bisschen weiter ins Detail zu gehen. Ketchum beschreibt in diesem Roman, was Menschen anderen Menschen antun können. Schutzbefohlenen, deren Freunden - und nicht zuletzt auch, was für Auswirkungen das Handeln eines Einzelnen auf das Leben von vielen anderen, nicht zuletzt auch von Unbeteiligten, haben kann. Ketchum gilt als einer der härtesten Autoren der modernen Horrorgeschichte - und Evil, so zumindest eine häufig gehörte Meinung, ist hierbei das Kronjuwel in seinem Repertoire. Große Worte, welche sich teilweise durchaus bestätigt haben. Auch wenn der Roman (wie eigentlich alles, was ich in letzter Zeit gelesen habe) mal wieder aus der Sicht der Hauptfigur erzählt wird. Ebenfalls erwähnenswert ist, dass diese Geschichte, so traurig wie es klingt, sich tatsächlich in den 50er Jahren abgespielt hat - was sie noch etwas grausamer werden lässt, als es bei reiner Fiktion ohnehin schon der Fall wäre.
Die Geschichte an sich ist dabei nicht einmal sonderlich ungewöhnlich. Eine Kleinstadt, in der jeder jeden kennt - insbesondere in der kleinen Einbahnstraße direkt am Waldrand. David, eines der Kinder aus dieser Straße, trifft beim spielen am Fluss ein Mädchen welches er noch nie gesehen hat - es stellt sich heraus, dass es die Ziehtochter seiner Nachbarin ist. Die beiden beginnen, sich anzufreunden. So weit, so normal. Das erste Drittel des Buches beschäftigt sich zum Großteil damit, die Beziehung zwischen Meg und David aufzubauen - um sie dann ganz schnell zu zerstören und ins Gegenteil umzukehren. Ketchum versteht es sehr gut, von einer durchaus "liebenswerten" Geschichte innerhalb weniger Seiten zu etwas umzuschlagen, was zwar durchaus als brutal, aber immer noch als irgendwie nachvollziehbar bezeichnet werden kann. Die Strafen, welche Megs Stiefmutter an den Tag legt sind hart - aber traurigerweise auch in manchen Haushalten wohl alltäglich. Die Steigerung erfolgt ab diesem Punkt aber schnell und konstant, so dass der Autor seine Protagonisten schließlich in eine Situation stößt, die - vor allem für Meg, welche sich als Gefangene im Keller den Grausamkeiten ihrer Stiefmutter und jedem Kind, welches gerade Interesse an ihr hat - ausgesetzt wird. Ketchum schafft es hierbei, den Leser auf einem Grad zwischen Faszination und Ekel schreiten zu lassen, der zum Ende des Buches hin immer dünner wird. Tatsächlich dürfte es ihm gelungen sein, dem einen oder anderen Leser die Frage einzupflanzen, was wohl hinter den geschlossenen Türen seiner Nachbarn vorgehen mag. Die Härte hierbei liegt nicht in den expliziten Schilderungen - obwohl diese teilweise nicht ohne sind, auch wenn Ketchum bei einer der härtesten Stellen seinen Hauptcharakter diese "einfach nicht schildern lassen" will. Muss auch nicht sein, denn die eigentliche Brutalität des Buches liegt mehr auf der psychologischen denn auf der grafischen Ebene.

Die Charakterzeichnung ist dabei gut gelungen, auch wenn sie sich in erster Linie auf David und seinen Freundeskreis beschäftigt. Tiefgehend wird schließlich nur die Hauptfigur auseinander genommen, der Autor schafft es hierbei jedoch, auch die Nebenakteure nicht langweilig oder oberflächlich wirken zu lassen. Vor allem aber gelingt es ihm, Davids Gedankengänge und seinen Werdegang im Laufe der kompletten Geschichte zu verstehen - und sich mit ihm zu schämen, teilweise sogar, ihn für sein Nichtstun zu verachten. Etwas, was später direkt wieder revidiert wird. Ein gelungenes Spiel mit Emotionen, nicht nur im Rahmen der Handlung des Romans.

Der größte Schwachpunkt hingegen ist das Vorwort von Stephen King. Ja, es ist sehr informativ und hat mir persönlich den einen oder anderen Autoren näher gebracht, beziehungsweise dafür gesorgt, dass ich mich näher mit ihm auseinander setzen möchte. Das ganz große "Aber" bei der Sache ist jedoch, dass King mit seinen Zeilen viel von dem vorweg nimmt, was den Leser erwartet - teilweise mit recht detaillierten Beschreibungen. Hier hätte ich mir weniger gewünscht, denn es ist schon recht schade, direkt zu Beginn - und vor allem aus der Feder von jemandem, der es eigentlich besser wissen sollte - solch umfangreiche Spoiler zu lesen.

Fazit:

"Evil" ist sicherlich harter Stoff. Aber ein durchaus lesenswertes, sehr gut geschriebenes Buch. Man sollte jedoch nicht erwarten, dass hier die Blutkeule gezückt wird, sondern muss sich auf einen eher psychologischen Horrortrip einstellen. Der Vergleich mit dem französischen Film "Martyrs" liegt hier - nicht ganz unberechtigterweise - sehr nahe.


Bewertung: 9/10 Punkten

Mittwoch, 26. September 2012

Mark Lawrence - Prinz der Dunkelheit

Klappentext:

Die Dunkelheit ist nicht das Ende, sie ist erst der Anfang.

Als Kronprinz Jorg mit ansehen muss, wie seine Mutter und sein Bruder ermordet werden, bricht für ihn eine Welt zusammen. Sein Vater, der König, unternimmt jedoch nichts, und so schwört Jorg Rache und schart eine Horde Gesetzloser um sich. Mordend und brandschatzend ziehen sie durch das Land und sind weithin gefürchtet. Doch Jorgs Rachefeldzug hat gerade erst begonnen - denn ein finsteres Schicksal voller Blut und Magie erwartet ihn...


(Quelle: Amazon.de)


Kritik:


Bei diesem Roman von Mark Lawrence handelt es sich um sein Debut - was ja nicht zwangsläufig etwas schlechtes bedeuten muss. Auf der anderen Seite wird man sich nach dem Lesen des Klappentextes wohl zwangsläufig denken "Das kenne ich doch schon irgendwie". Ja, einen Innovationspreis wird das Buch tatsächlich nicht gewinnen, es bleibt nun also abzuwarten, ob die inneren Werte stimmen, wenn man schon eine oft durchgekaute Geschichte vorgesetzt bekommt.
Eigentlich kann man sagen, dass Lawrence mit seinem Erstling nicht sonderlich viel falsch gemacht hat. Ja, es ist korrekt, dass seine Handlung sicherlich nicht gerade neu ist, aber zumindest ist der Mann in der Lage, das Bekannte in einem sehr schönen Gewand unter die Leute zu bringen - auch wenn er (wie es mir in letzter Zeit dauernd unterkommt) den "Prinz der Dunkelheit" aus der Sicht seines Hauptcharakters erzählt. Zumindest aber in der Vergangenheitsform. Hurra! Es gelingt ihm dennoch, seinem Werk einen nicht zu verachtenden Spannungsbogen zu verleihen, bei dem es zwar immer wieder einmal zu kleineren Hängern kommt, der sich aber nach diesen Phasen schnell wieder auf das Wesentliche konzentriert. Die Atmosphäre ist größtenteils gelungen und streckenweise wirklich sehr düster geraten, der deutsche Titel ist somit gut gewählt - wobei der englische "Prince Of Thorns" noch passender ist. Hier soll jedoch nicht zu viel verraten werden, denn die Spoiler-Gefahr wäre dabei sehr groß. Was es jedoch zu bemängeln gibt, ist die Tatsache, dass Lawrence auch bei den Locations mitunter sehr einfallslos ist. Schlösser, Burgen, Dörfer, alles schön und gut. Aber spätestens beim Gang durch die das Höhlensystem unter einem Berg fühlte ich mich schon arg an die Minen von Moria erinnert. Die Ausflüge in moderne Gefilde (so trifft man zum Beispiel ein Computersystem und - Achtung Spoiler - eine Atombombe an) wirken arg deplatziert, ebenso der Mix aus realer und Fantasy-Welt (unter anderem liest Jorg Nietzsche und Platon, es tauchen Teutonen auf etc.). Es mag sein, dass Lawrence den Aufbau einer fiktiven Zivilisation nach dem Untergang der unseren plant, allerdings ist sein Stil in diesem Punkt nicht ganz schlüssig, beziehungsweise unlogisch: warum ist Platon zum Beispiel bekannt, während bei Begegnungen mit unserer moderneren Zivilisation von den "Erbauern" gesprochen wird? Schade, hier hätte man sicherlich mehr Potential gehabt, welches aber nicht ausgeschöpft wurde.

Die Charakterzeichnungen sind leider zum Großteil recht schwach ausgefallen. Zwar erfährt man sehr viel über Jorg, seine Beweggründe und seine Vergangenheit, die anderen Figuren bleiben aber blass. Sie sind hat die Begleiter des jungen Prinzen, haben ihre Namen und werden in kurzen Texten zwischen den Kapiteln auch teilweise zumindest ansatzweise charakterisiert, viel mehr kann man aber nicht erwarten. Schade, denn auch die Geschichte des Nubiers oder von Hauptmann Markin wären mit Sicherheit auch sehr interessant zu lesen gewesen. So bleibt leider nur der Chef mit seiner halbwegs gesichtslosen Meute übrig, bei deren Toden oder Handlungen man nur bedingt mitfiebern kann. Auch hier also kein Sieg auf ganzer Linie, aber zumindest gute Ansätze.

Der Stil des Autoren ist durchaus ansprechend. Mark Lawrence versteht es, triviale Literatur halbwegs anspruchsvoll zu schreiben, auch der Übersetzer hat hier seinen Job sehr gut gemacht (danke vor allem auch dafür, dass nicht sämtliche Begriffe stumpf eingedeutscht wurden - eine schreckliche neue Mode!). Das Buch ist flüssig geschrieben, ohne dass man Lawrence großartige Fehler zuschreiben müsste. Spontan könnte man nur sagen, dass der zaghaft eingestreute Humor hinsichtlich seines verbitterten Hauptcharakters teilweise deplatziert wird, allerdings sind diese Momente recht selten. Auch in den Gewaltdarstellungen ist er nicht sonderlich zurückhaltend, auch wenn man hier sicherlich kein "Schlachtfest" zu erwarten hat. Die Gewalt steht nicht im Vordergrund, sondern wurde passend in die düstere Story und die brutale Welt eingebaut, die hier geschaffen wurde. 

Fazit:

Unterm Strich bleibt "Prinz der Dunkelheit" ein durchaus gelungener Erstling, dem man einige Schwächen verzeiht, weil weitaus mehr auch richtig gemacht wurde. Ich hoffe, dass sich Lawrence in eventuell noch folgenden Werken steigern kann und somit ein mehr als "nur" gelungenes Buch abliefern kann, welches die auftretenden Fragen beantworten kann.

Bewertung: 7/10 Punkten

Donnerstag, 13. September 2012

Max Brooks - Zombieparade

Klappentext:


Seit Jahrhunderten kämpft die Menscheit gegen die Zombies - ein Kampf, der von den Vampiren bislang unbeteiligt bis amüsiert beobachtet wurde. Doch langsam schwant den Geschöpfen der Nacht, dass sie sich werden einmischen müssen, wenn sie nicht riskieren wollen, dass mit den Menschen auch die eigene Existenzgrundlage vom Erdboden verschwindet. Die Zombieapokalypse naht - und das nicht nur in dieser neuen Geschichte von Max Brooks, dem Chronisten alles Untoten.




Kritik:


Wow, nur ein Tag nach seiner letzten Rezension legt uns der Typ ein neues Review vor! Wie macht der Kerl das blos? Nun, das ist schnell erklärt: Zombieparade, eine Sammlung von vier Kurzgeschichten, ist eigentlich nicht viel mehr als ein Büchlein mit gerade einmal 120 Seiten. Und zudem auch noch mit großem Schriftbild. Man sieht also, sonderlich gehaltvoll ist dieses Buch zumindest vom Volumen her nicht. Lohnen sich dann wenigstens die Geschichten?
Zum Teil ja. Natürlich muss man sagen, dass sich bei diesem Umfang natürlich keine großartigen Geschichten erzählen lassen, die Stories selbst sind zwar von der Länge her unterschiedlich ausgefallen, aber eines haben sie alle gemeinsam: Brooks verschwendet keine Zeit damit, einen Spannungsbogen aufzubauen, sondern wirft seine Leser direkt ins Geschehen. Dabei bleibt natürlich auch ein Großteil dessen, was ein gutes Buch ausmacht auf der Strecke. Gute, tiefgründige Charakterzeichnungen, eine nachvollziehbare Geschichte und so weiter. Man möge mich nicht falsch verstehen, mir ist durchaus bewusst, dass man eine Kurzgeschichte nicht mit einem Roman gleichsetzen sollte, aber selbst einen gewissen Effekt sollten auch sie mit sich bringen: nämlich den, dass der Leser gerne weiterliest. Das ist bei Brooks in diesem Buch leider nicht immer der Fall. Ich nehme mir aus diesem Grund die Freiheit, hier jede Geschichte für sich zu zerlegen.


Geschichte 1: Innerer Frieden GmbH

Auf einem ausgemusterten Kreuzfahrtschiff wurde nach dem Zombiekrieg eine Art Ferienressort eingerichtet, auf welchem jedem Kunden genau die gewünschte und passende Erholung geboten werden soll. Diese Geschichte beschäftigt sich mit einem dieser Kunden und ist in gerade einmal 16 Seiten heruntergerissen. Leider ist sie nicht viel mehr als ein einziger langer Gedankengang eben jenes Kunden, der zwar bedingt auf seine Vergangenheit eingeht, dem Leser aber (auf Grund der generell fehlenden Vorgeschichte) nicht die Möglichkeit bietet, sich mit ihm zu identifizieren. Unklar bleibt mir gerade wegen der kurz angerissenen Vergangenheit des Mannes auch, warum er nun ausgerechnet diese spezielle Art der Erholung gewählt hat. Spannung kommt nicht auf und man hat fast schon die Lust, das Buch wieder zur Seite zu legen. Kein sonderlich gelungener Auftakt.


Bewertung: 2/10 Punkten



Geschichte 2: Steve und Fred

Hier hat Brooks eigentlich zwei Geschichten um zwei unterschiedliche Personen verfasst, die nichts miteinander zu tun haben. Ob das nun ein Kniff war, um auf immerhin 22 Seiten Story zu kommen, lasse ich nun einmal dahin gestellt, denn Tatsache ist, dass es sich bei "Steve und Fred" um einen der besseren (wen nicht sogar den besten) Teile des Büchleins handelt. Die Story um Steve krankt zwar auch unter der Tatsache, dass man rein gar nichts über den Protagonisten erfährt, hat aber den großen Vorteil, dass er schnell und actionreich geschrieben ist - und die kurze "Laufzeit" auch lediglich dazu nutzt, eine einzige kurze Szene zu beschreiben, was Brooks auch sehr gut gelingt. Spannend und knackig, sehr gut für eine Shortstory.

Fred hingegen ist nun genau das Gegenteil, funktioniert aber auch sehr gut. Hier geht es um einen einzelnen Überlebenden, der sich schon eine geraume Weile in einer Hoteltoilette versteckt. Brooks setzt hier natürlich nicht auf Action, sondern nutzt geschickt die klaustrophobischen Anfälle seines Protagonisten und lässt ihn seine eigene Situation rekapitulieren. Zwar nicht gerade das, was man eine Ausgeburt an Spannung nennen würde, aber hier sollte sich wohl eher auf die Dramatik konzentriert werden - was auch wieder gelungen ist. Diese Episode ist also wirklich so durchgeflutscht.



Bewertung: 8/10 Punkten


Geschichte 3: Zombieparade

Die Titelgeschichte, in der neben Zombies nun auch Vampire auftauchen. Vermittelte Brooks im (echt lesenswerten!) Zombie Survival Guide und auch hier im Vorwort noch den Eindruck, dass er sich tatsächlich für jemanden hält, der sich ernsthaft mit einer gegeben Gefahr auseinander setzt, demontiert er sein Selbstportät hier deutlich. Was aber nicht heißen soll, dass die Geschichte schlecht ist, im Gegenteil. Sie ist die umfangreichste in dieser Sammlung und birgt neben einer tatsächlich spannenden Story auch ein nicht zu knappes Maß an Anspielungen auf unsere heutige Gesellschaft. Klingt ein bisschen so, als ob sich da jemand bei Romero hat inspirieren lassen? Ja, eindeutig. In den Topf wurden dann noch ein, zwei eigenständige Elemente geworfen und fertig war ein gut schmeckendes, wenn auch sehr kurzes, Menü. Erwähnen sollte man noch, dass hier den Charakteren im Gegenzug zu den anderen Geschichten auch etwas mehr Tiefgang verliehen wurde, was tatsächlich dazu führt, dass man sich zumindest ansatzweise mit dem erzählenden Vampir identifizieren kann.


Bewertung: 7/10 Punkten



Geschichte 4: Die Chinesische Mauer

Die letzte Geschichte ist wieder sehr kurz geraten und wie ein Interview aufgebaut. Die Protagonistin ist eine Chinesin, die vom Bau der (neuen) chinesischen Mauer erzählt, der persönlichen Leidensgeschichte, die damit einher gegangen ist und natürlich auch von den Schwierigkeiten, die die Untoten dabei gemacht haben. Leider muss man sagen, dass die Idee zwar gut ist, die Umsetzung aber eher langweilt. Man hat tatsächlich den Eindruck, es mit einem Interview für ein Magazin zu tun zu haben, nicht mit Unterhaltungsliteratur. Gut und schön, aber in letzter Instanz erwarte ich von einem Roman/ einer Kurzgeschichte eben dieses: unterhalten zu werden. Da hilft leider auch der - in dieser Story noch einmal etwas dicker aufgetragene - sozialkritische Anstrich nicht. Nette Idee, aber meines Erachtens nach am Ziel vorbei geschossen.


Bewertung: 4/10 Punkten

Man sieht also, dass Brooks mit "Zombieparade" mehrere gänzlich unterschiedliche Ansätze verfolgt, diese aber nur bedingt funktionieren. Eines haben sie aber alle gemein: stilistisch kann man sich über den Autoren nicht beschweren. Sie sind gut geschrieben, verfallen aber nicht in einen "Larifari-Erzählstil", der für das Zombiegenre (wenn auch eher im Filmbereich) mittlerweile ja trauriger Alltag ist. Wären die Inhalte jetzt alle auf einem ähnlichen Niveau wie die zweite und die dritte Geschichte gewesen, hätte man trotz aller Kürze also von einem rundum gelungenen Werk sprechen können.

Gesamtbewertung: 6,5/10 Punkten

Fazit:

Das Konzept "Kurzgeschichten" wird hier zielgerichtet umgesetzt. Hätte Brooks nun ein paar Seiten mehr verfasst und in den "langsamen" Episoden seinen Figuren mehr Tiefe verliehen, wäre vermutlich ein gutes Buch heraus gekommen. So muss man leider sagen, dass es nur mit Abstrichen empfehlenswert ist. Ich bin gespannt auf "Operation Zombie" - den Survival Guide sollte man übrigens für spontane Apokalypsen-Fälle unbedingt parat liegen haben.

Dienstag, 11. September 2012

Richard Kadrey - Sandman Slim: Höllendämmerung

Klappentext:

Früher war Stark der beste Magier von Los Angeles. Bis ein neidischer Konkurrent seine Freundin ermordete und ihn - im Wortsinn - zur Hölle schickt. Als Stark nach zehn Jahren die Flucht gelingt, kennt er nur ein Ziel: Rache. Und wer in der Unterwelt überlebt, ist eigentlich gegen jeden Gegner gewappnet. Doch neben Menschen, Engeln und Teufeln treibt noch eine weitere übermenschliche Spezies in L.A. ihr Unwesen, vor deren Macht und Bosheit alle Höllenfeuer verblassen...




Kritik:

Was für eine Unsitte ist das eigentlich im Moment, dass so viele Bücher im Präsens und der ersten Person geschrieben sind? Ich muss ganz ehrlich sagen, dass mich dieser Schreibstil schon öfters von Spontankäufen auf Grund interessanter Klappentexte abgehalten hat und ein solcher Kandidat wäre vermutlich auch dieses Buch hier gewesen. Nun war "Höllendämmerung" aber ein Geschenk meiner besseren Hälfte, was also schon einmal ein sehr guter Grund dafür war, des doch zu lesen ;-).

Was schon vor Beginn auffällt ist die Tatsache, dass der Verlag mit einer "in Arbeit befindlichen" Kinoverfilmung des Titels wirbt. Nun ja, so ganz schlecht dürfte er demnach ja schon einmal nicht sein, auf der anderen Seite gibt es aber auch viele Verfilmungen von Schund-Literatur. Pulp also. Und genau das ist hier wohl auch das Zauberwort, denn es stellt sich sehr schnell heraus, dass Kadrey offenbar keineswegs die Intention hatte, einen absolut ernsten Roman zu schreiben, sondern sich im Gegenteil ganz bewusst auf eben jene Schiene begeben hat. Nun ja, von der Idee mag man halten was man will, aber sie funktioniert: Da auch die Pressestimmen schon von einem B-Movie-Roman sprechen, geht man natürlich mit der Erwartung daran, dass man eben kein Hochglanzprodukt vorgesetzt bekommt, sondern eher dreckige, trashige Literatur. Nun verbindet man mit Trash ja gemeinhin eher handlungsarme und billige Atmosphäre - was sich hier glücklicherweise nicht bestätigt. Ja, die Story selber klingt schon erschreckend nach "The Crow", das muss man unumwunden zugeben, aber der Autor versteht es gut, diese bekannte Story auf seine eigene, sehr unterhaltsame Art zu erzählen. Kadrey zeichnet einen sich langsam entwickelnden Spannungsbogen, der den Leser schließlich auch bis zum Schluß mitreißt und dabei nur an wenigen Punkten etwas einknickt. Nichts, was man nicht verschmerzen könnte, denn nach diesen kurzen Durchhängern wird das Gaspedal auch wieder schnell durchgetreten und das Buch nimmt erneut Fahrt auf. Atmosphärisch ist der Roman düster gehalten, ohne dabei jedoch das Format der offensichtichen Vorlage zu erreichen - muss er auch nicht, denn auch hier bietet "Höllendämmerung" eine eigene Interpretation, die die pessimistische und misanthropische Weltanschauung des Hauptcharakters immer wieder mit Ironie, Zynismus weniger hintergründigen, dafür aber derben Witzen anreichert (definitv hängen geblieben sind bei mir die Unterhaltungen zwischen Stark und einem abgeschnittenen, aber dennoch lebendigen Kopf...). Ein interessantes Rezept, welches auch gut verdaulich ist. 

Die Charaktere selber sind hingegen eher ein Schwachpunkt des Romans, denn sie sind alle recht oberflächlich gehalten, der einzige über den man mehr als nur die unbedingt notwendigen Details erklärt ist Stark selber, mit Abstrichen vielleicht noch sein "Partner" Vidoq. Alle weiteren Nebenakteure bleiben hingegen eben das: für die Handlung zwar notwendig, davon ab aber nebensächlich. Hier hätte Kadrey noch ein paar Extrapunkte sammeln können, denn für mich wäre es schon interessant gewesen, zum Beispiel mehr über seinen Gegenspieler Mason zu erfahren. Gut, Luzifer und Uriel sind Gestalten, die man schon kennt und nicht noch unbedingt weiter ausstaffiert werden müssen, dennoch bleibt ein etwas trübes Bild übrig. Was man jedoch dennoch erwähnen muss, ist die Tatsache dass jeder auftauchende Charakter auf seine ganz eigene Art und Weise ein bisschen... "durchgeknallt" ist, was sich gut in den Gesamtkontext des Buches einfügt und nicht im geringsten störend wirkt. Zwar wird in diesem Rahmen auch das eine oder andere Klischee bedient, damit kann man aber gut leben, da die Rahmenbedingungen dadurch nicht angegriffen werden.

Zum Humor des Buches habe ich ja weiter oben schon etwas geschrieben, was durchaus auch repräsentativ für "Höllendämmerung" ist. Hier wird ebenfalls das B-Movie-Prinzip gezogen und ausgelebt. Was für viele Filme dieser Machart gilt, ist auch für Kadreys Werk gültig: Gewalt und Humor werden miteinander verwoben. Es wird viel getötet und gestorben und beinahe gestorben und so weiter, allerdings sind diese Passagen nicht so explizit geraten, wie er zuletzt bei den Bourbon Kid-Büchern der Fall war. "Höllendämmerung" verfügt zwar immer noch über eine gewisse Härte, diese steht hier aber weniger im Vordergrund und ist auch nicht so storybestimmend eingebaut, von daher braucht man sich auch nicht so sehr darauf einzustellen, man nimmt sie eher im vorbeigehen mit.

Fazit:

"Höllendämmerung" ist trotz der ungewöhnlichen Erzählperspektive ein gelungenes Buch, wenn man über kleine Detailmängel wie die eher flachen Charaktere und die offensichtliche Verwandschaft des Sandmannes mit der Krähe hinweg sehen kann. Dass es leicht trashig daher kommt, kann ich in diesem Fall absolut nicht als Kritikpunkt nehmen, denn genau das soll die Geschichte um Sandman Slim wohl auch sein. Ich werde jedenfalls die Augen nach dem zweiten Band offen halten müssen.

Bewertung: 7/10 Punkten
 Eine Rezension von BurnedEyez' Review-Corner

Samstag, 1. September 2012

Anonymus - Das Buch ohne Gnade

Klappentext:

"Ich schreibe so lange weiter, bis alle tot sind." (Anonymus - der Legende nach)

Ein Hotel irgendwo in der Wüste. Etwas Großes steht bevor: Abgehalfterte Barkeeper, teilweise talentierte Musiker und eine Handvoll Zombies machen sich auf den Weg zu dem Festival, das unter dem Motto "Back from the Dead" steht. Die Teilnehmer sollen längst verstorbene Stars imitieren. Keiner von ihnen ahnt, dass sie dem Tod näher sind, als ihnen lieb ist. Denn ein weiterer Gast steht auf der Liste: ein schlecht gelaunter Killer namens Bourbon Kid...

Eine Story wie in einem Road-Movie von Quentin Tarantino. Nur als Buch.





Kritik:

Das war er nun also, der dritte Band der Bourbon Kid-Reihe. Und wie immer haben wir es mit einem sehr reißerischen Klappentext zu tun, der dazu angetan ist, mehr zu versprechen als einen schließlich erwartet. Der Vergleich zu Tarantino mag zwar nicht grundverkehrt sein, aber als echte Referenz fungiert er meines Erachtens nach nicht. Aber fangen wir von vorne an.

Stammleser meines Blogs werden wissen, dass ich die ersten beiden Bände der Reihe schon mehr oder minder abgefeiert habe, was zum einen daran lag, dass sie sich auf Grund ihres recht hohen Gewaltlevels und dem damit verflochtenen Humor schon etwas abseits des Mainstreams bewegen, auf der anderen Seite aber auch sehr spannend geschrieben waren. Zumindest den zweiten Teil dieser Aussage kann man auch unumwunden wieder für dieses Werk von Anonymus verwenden. Man kann sagen, dass er sich in dieser Hinsicht mit jedem weiteren Buch etwas verbessert hat. Waren im ersten Roman noch die geschilderten Brutalitäten mehr oder minder der Mittelpunkt des Geschehen, konnte man schon im zweiten Buch feststellen, dass der Autor sich sehr gut auf das atmosphärische Darstellen der Action versteht - was er hier noch einmal weiter voran getrieben hat. Man möchte sagen, dass von der stilistischen und atmosphärischen Seite her das bislang beste Buch von Anonymus vorliegt - auch wenn Kenner der ersten beiden Bände vielleicht ein wenig vom Auftauchen der Charaktere Elvis und der mystischen Lady verwundert sein könnten. Was nämlich nirgends erwähnt wird: die Ereignisse dieses Romans finden noch zwei Jahre vor dem "Buch ohne Namen" statt - was natürlich leider dazu führt, dass man von vornherein weiß, wer diesen Trip überleben wird und dem Finale etwas von der Spannung nimmt, die das Ende der ersten Bände so lesenswert gemacht hat.

Was hingegen erwähnt wird, ist die Tatsache, dass der Autor für dieses Buch ein neues Setting verwendet hat, die vorliegende Geschichte hätte sich in Santa Modega sicherlich auch nicht so gut erzählen lassen wie hier. In diesem Punkt hat Anonymus also vieles richtig gemacht. Im Laufe der 427 Seiten bringt er die Qualitäten der Vorgänger wieder auf den Tisch: kurze und knackige Kapitel, die die Geschichte aus der Sichtweise eines Protagonisten beziehungsweise einer Protagonistengruppe erzählen und die mit einer atemberaubenden Geschwindigkeit aufeinander zubegewegen und schließlich im Finale miteinander kollidieren. Und wie auch in den älteren Titeln wechseln sich hier ruhige Passagen mit actionreichen ab. So weit, so bekannt. Gefeilt hat der Autor dabei jedoch an seinem Humor, welcher nun deutlich öfter und weniger brachial daher kommt. Das mag für den "Gelegenheitsleser" vielleicht zugänglicher sein, ich für meinen Teil mochte aber eben genau das am "Buch ohne Namen" und am "Buch ohne Staben", sie wirkten weitaus dreckiger als dieses Werk.

Nicht nur die humoristische Seite kommt im "Buch ohne Gnade" etwas harmloser daher, auch die Gewaltdarstellung ist eingeschränkter. Zwar gibt es mitunter immer noch einige sehr detaillierte Beschreibungen des Geschehens, im Vergleich mit den Vorgängern sind es jedoch deutlich weniger Szenen, denen man eine gewisse "Abartigkeit" bescheinigen könnte - und nach dem streckenweise äußerst derben zweiten Buch sind sie hier auch nicht gar so explizit ausgefallen. Im allgemeinen wird ohnehin deutlich weniger gestorben als noch in den Vorgängern. Bourbon Kid selber hat nur noch eine Kugel für sein Repertoire an Waffen, die im Roman auftauchenden Killerkollegen sind zwar besser ausgestattet, dafür jedoch mit weniger Zielen versehen. Für mich ist das schon ein kleiner Minuspunkt, denn auch hier stellt sich bei mir der Eindruck ein, dass man das Eckige und Kantige wegschleifen und das Schmutzige etwas aufpolieren möchte, was die ersten beiden Bücher ausgemacht hat. Schade, hier wäre es mir lieber gewesen, wenn die Machart der Vorgänger erhalten geblieben wäre. 

Fazit:

"Das Buch ohne Gnade" weiß immer noch zu gefallen, auch wenn ich den Eindruck habe, dass der Autor sich immer mehr an ein Mainstreampublikum annäheren möchte. Zwar werden nicht alle alten Markenzeichen fallen gelassen, aber man kann festhalten, dass "Anonymus" etwas von seiner Härte verloren hat. Dennoch freue ich mich darauf, (hoffentlich) bald die deutsche Übersetzung des "Book Of Death", also des vierten Bandes, welcher in England, Frankreich und in Spanien offenbar bereits verfügbar ist, in die Finger zu kriegen.

Bewertung: 7/10 Punkten
Eine Rezi von BurnedEyez' Review Corner

Dienstag, 7. August 2012

Anonymus - Das Buch ohne Staben

Auch wenn Abalone schon eine sehr schicke Renzension zu diesem Buch verfasst hat, möchte auch ich hier noch einmal meine Meinung kundtun.

Klappentext:

Jeder, der Das Buch ohne Namen las, ist tot. Für den Rest kommt kommt nun Das Buch ohne Staben.

Auch ein Massenmörder muss an seine Rente denken. Erst recht nach 18 Jahren Gemetzel und einer höllischen Menge Bourbon. Und so kommt es, dass der berüchtigte Bourbon Kid seinen Job an den Nagel hängen will. Doch so einfach ist das nicht. Der Mönch Peto ist ihm auf den Fersen, denn Bourbon Kid hat alle Mitbrüder des Mönchs auf dem Gewissen. Außerdem trachten ihm diverse Zeitgenossen nach dem Leben: eine Reihe von Vampiren und Söldnern, eine Mumie, ein neuer Dunkler Lord - die Liste scheint endlos.

Rente hin oder her. Bourbon Kid hat die Nase voll und erstellt seine eigene Abschussliste. Und diesmal verschont er niemanden.



Kritik:

So schnell kann es manchmal gehen. Der Vorgänger "Das Buch ohne Namen" ist noch nicht sonderlich lange ausgelesen und schon erscheint hier die Rezension zum zweiten Band "Das Buch ohne Staben". Das sagt schon etwas aus, wenn man bedenkt wie tranfunzelig ich in letzter Zeit mit meinen Büchern war.

Ich war schon vom ersten Band recht begeistert und ich muss sagen, dass sich das auch hier nahtlos fortsetzt. Anonymus setzt auch in seinem zweiten Werk (wobei das Vorwort davon spricht, dass besagter Herr über die Jahrhunderte schon deutlich mehr Werke veröffentlicht hat) auf das bewährte Prinzip seiner Bourbon Kid-Reihe. Kurze und knackige Kapitel verhindern, dass man sich langweilt, denn auch wenn sich in diesem Roman vermehrt ruhige Kapitel finden, sind diese jedoch nicht langweilig geschrieben - und gerade wenn man denkt, dass nun doch einmal wieder etwas passieren könnte, ist das Kapitel beendet und man hat es wieder mit einem der actionreicheren und spannenderen Parts zu tun. Wie gehabt kann man also sagen, dass Anonymus (irgendwie widerstrebt es mir immer noch, den Autoren so anzusprechen) einen guten Mittelweg zwischen Ruhe und Sturm gefunden hat, meines Erachtens nach sogar noch einen Tick besser als im Vorgänger. Wo wir gerade beim Vorgänger sind, die wenigen überlebenden Hauptpersonen geben sich im Buch ohne Staben die Klinke in die Hand - und der Autor schafft es auch tatsächlich, vor allem dem Bourbon Kid (und einigen wenigen der anderen bekannten Figuren) tatsächlich so etwas wie einen Hintergrund einzuhauchen. Wie gewohnt reicht es aber auch, sich auf diese wenigen Personen zu beschränken, denn eines haben beide Bücher gemeinsam: Es wird gestorben und gemordet ohne Ende. Und wie schon im ersten Teil auf eine äußerst blutige, teilweise schon abstoßend brutale, Art und Weise. Man hat fast den Eindruck, dass der Autor sich in diesem Punkt noch einmal steigern wollte. In einem anderen hat er das auf jeden Fall getan und damit einen meiner größten Kritikpunkte des ersten Bandes ausgeräumt: im Buch ohne Staben wird nicht ausgeblendet, wenn die Action beginnt, sondern es wird tatsächlich ausgeschrieben, was passiert. Keine "Überblendungen" mehr - was mir persönlich deutlich besser gefällt als die dauernden Andeutungen im ersten Teil.

Generell hat Anonymus wieder einen Spannungsbogen geschaffen, der sich von Anfang bis Ende auf einem erfreulich hohen Niveau befindet, man möchte das Buch nicht aus der Hand legen, da man wieder unbedingt wissen möchte, wie es weiter geht. Anders jedoch als im ersten Teil setzt der Autor nicht ausschließlich auf die Spannung, speziell zum Finale hin kann man dem Buch ohne Staben sogar einen gewissen dramatischen Effekt nicht absprechen. Auch wenn das Ende schließlich nicht ganz überraschend ist (was aber zum Teil an meinem Wissen um einen bereits erschienenen dritten Band liegt), gelingt es dem Verfasser doch, den Leser noch einmal richtig mitfiebern zu lassen. Super, genau so wünsche ich mir das. Ebenfalls wieder vorhanden ist der äußerst bösartige (wenn auch ziemlich flache) Humor, der auch schon das Buch ohne Namen geprägt hat, auch wenn ich finde, dass er hier noch einmal ein bisschen verfeinert und zumindest ein kleines bisschen niveauvoller ausgefallen ist. An einigen Stellen blitzt in meinen Augen tatsächlich etwas von dem Talent auf, was zum Beispiel ein Christopher Moore an den Tag legt, zumindest in seinen Werken wie Fool, welches was Sex, Gewalt und vulgäre Witze angeht auch nicht gerade ohne ist.

Fazit:

Das Buch ohne Staben ist eine würdige Fortsetzung des ersten Teils, welches vieles gleich gut und einiges sogar besser macht als dieser. Dennoch muss auch hier gewarnt werden: diese Reihe ist speziell. Sehr speziell. Wer geschmackvollen Humor, literarischen Anspruch oder blutleere Spannung mag, wird sich hier nicht wohl fühlen. Wer mit einem dreckigen Bastard von Buch zurecht kommt, wird seinen Spaß haben.

Montag, 6. August 2012

Die Töchter von Lorenden

von Nina Bell

Schon lange haben sich die drei ungleichen Schwestern Felicity, Helena und Lavinia nichts mehr zu sagen. Doch dann stirbt ihr Vater Edward, der Besitzer des Reitstalles Lorenden. Zum ersten Mal seit vielen Jahren müssen die Schwestern gemeinsam Entscheidungen treffen. Und dadurch finden sie unerwartet wieder zueinande.

In meiner Jugend bin ich viel geritten, und ich habe Pferderomane geradezu verschlungen. Einige davon stehen noch heute in meinem Regal, und hin und wieder packt mich die Lust, einen Roman zu lesen, der sich unter anderem um Pferde dreht. So sprang mich "Die Töchter von Lorenden" geradezu an, als ich bei einem Buchdealer stöberte. Es hat auch nicht lange gedauert, bis das Buch dann in meinem Regal stand. Vorfreude ist bekanntlich die schönste Freude, und obwohl die Story sicher nicht neu ist, war ich gespannt.

Was man Nina Bell zu Gute halten muss - oder was einen dazu bewegen könnte, Nachsicht walten zu lassen -, ist die Tatsache, dass dies ihr erster Roman ist. Ich hab Kommentare in anderen Rezensionen gelesen wie "Ich hab schwierig rein gefunden...aber dann war es eines der besten Bücher, die ich je gelesen habe." Äh, nein, au contraire. Leider ist das nicht der Fall. So hat sich Nina Bell zwar Mühe gegeben, uns eine Vielzahl an Charakteren zu bieten, die alle unterschiedlich gestaltet sind, was sicherlich ein guter Ansatz war. Aber leider schafft sie es nicht, ihren Charakteren treu zu bleiben und sie wachsen zu lassen. Auch ich habe schwer in das Buch rein gefunden, was zu einem Großteil an dem Unverständnis lag, dass ich den Charakteren entgegen brachte.

Da ist Bramble, die in einer Minute nur an die Stallungen denkt und darüber hinaus scheinbar ihre Tochter aus den Augen verliert. In der anderen Minute liebt sie ihr Kind über alles und tut alles, was sie tut, nur für sie. Da ist Nat, der es schafft, über einen sehr langen Zeitraum, das Sonnenscheinchen zu spielen und sich am Ende wenig überraschend als Psychopath entpuppt. Das sind zwei Beispiele, der weniger sich widersprechenden Charaktere. Nimmt man aber einmal Helena her, die in einem Moment so tief getroffen ist vom Tod des Vaters, im nächsten Augenblick aber schon die Krallen ausfährt und den Hof unbedingt verkaufen will, um die Kohle zu kassieren, wird es schon regelrecht abstoßend. Von ihrem Sohn, der hin und wieder mal geritten ist und mit 18 Jahren dann plötzlich beschließt, er will professioneller Military-Reiter werden, mal ganz zu schweigen. Glücklicherweise gibt es doch auch interessante Charaktere, die ein wenig liebevoller gezeichnet sind, wie zum Beispiel die verlorene Tochter Felicity oder der typische Underdog Jezzar Morgan.

Die Story bietet, wie eingangs schon erwähnt, nicht viel neues, und dennoch ist sie es, die einen an das Buch fesselt und einen zum Weiterlesen bewegt. Wenn man es schafft, über einige der nervtötenden Charaktere hinwegzusehen und sich auf die Geschichte einzulassen, wird man recht gut unterhalten: eine Schwester, die so will, die andere Schwester will so, die dritte enthält sich jeglichen Kommentars, da ist Krawall vorprogrammiert. Nebenbei dann noch ein paar Verbandelungen hier und da, ein Teenager-Drama, Geheimnisse aus der Vergangenheit...ja, es ist stellenweise spannend. Punkten konnte Nina Bell damit, dass es kein typisches Happy End gab, was ich persönlich gut und als schön gelöst empfand, aber ich will an dieser Stelle nicht zu viel verraten.

Alles in allem, würde ich dem Buch gerne zweieinhalb Bücherwürmer geben. Zwei Punkte hätte es wegen der enormen Schwächen bei den Charakteren gegeben, drei Punkte hätte es für die Geschichte und die flüssige Schreibweise verdient. Mit Ach und Krach bringt es "Die Töchter von Lorenden" also auf drei Bücherwürmer.



Montag, 30. Juli 2012

Anonymus - Das Buch ohne Namen

Klappentext:

Jeder, der dieses Buch liest, stirbt. Doch nur wer es liest, weiss, warum.

Ein Buch ohne Titel und ohne Autor tötet jeden, der es liest. Ein geheimnisvoller blauer Stein ist plötzlich verschwunden - und alle suchen ihn. In Santa Mondega bricht die Hölle los - im wahrsten Sinne des Wortes. Eine Sonnenfinsternis wird Santa Mondega bald in völlige Dunkelheit tauchen und dann wird es blutig werden. Blutiger, als sich irgendjemand vorstellen kann. Denn ein Fremder ist in der Stadt: Bourbon Kid.

Kritik:

Ein Buch ohne Autor über ein Buch ohne Autor. Wow. Im Zusammenhang mit dem Klappentext finde ich das schon durchaus reißerisch. Es drängt sich förmlich der Verdacht auf, dass man einem Marketing-Gag für ein Werk aufgesessen ist, welches von den inneren Werten nicht halten kann, was es außen verspricht. Nun gilt es zu klären, ob man hier vielleicht einem Irrtum unterliegt.

Zuerst muss man sagen, dass "Das Buch ohne Namen" relativ komplex aufgebaut ist. Es beschränkt sich nicht auf wenige Hauptfiguren, sondern man bekommt förmlich einen "Sternmarsch" vorgesetzt, der ein und die selbe Geschichte aus der Perspektive von einigen Protagonisten erzählt, die sich schließlich zum Finale hin immer näher kommen und schließlich begegnen. Eine interessante Schreibform, auch wenn es gerade zum Anfang etwas schwer fällt, die einzelnen Handlungsstränge zu verfolgen und auf einen Nenner zu bringen. Je mehr man sich jedoch dem Ende des Romanes annähert, umso flüssiger lesen sich die einzelnen Geschichten - welche jeweils ihren ganz eigenen Spannungsbogen aufbauen. Ein sehr großer Vorteil für dieses Buch, denn einige der Stories sind (auch hier wieder: besonders am Anfang) doch eher zäh und langatmig. Dass der Autor relativ schnell von einem Protagonisten zum nächsten wechselt, hält den Leser jedoch bei der Stange, denn man kann sagen, dass zumindest keine zwei langweiligen Kapitel aufeinander folgen. Sicherlich wäre es schöner gewesen, wenn diese Längen komplett vermieden worden wären, aber es geht auch deutlich schlimmer. Nach etwa 100 - 120 Seiten ist auf jeden Fall ein konstanter Spannungsbogen vorhanden, der mich als Leser nicht mehr los gelassen hat. 

Die Charaktere selber sind gut ge- und in vielen Fällen auch überzeichnet (so hat man es mit recht vielen Figuren zu tun, die beim Lesen quasi Superkräfte zu haben scheinen), auch wenn der Autor darauf verzichtet hat, mit zu vielen unnötigen Details aus deren Vergangenheit zu langweilen. Unnötig aus dem Grund, dass im "Buch ohne Namen" sehr schnell gestorben wird. Und sehr viel. Und streckenweise äußerst blutig - was auch gerne einmal sehr detailliert geschildert wird. Man sollte also schon ausreichend starke Nerven haben und auch etlichen recht eklig beschriebenen Szenen nicht abgeneigt sein, um wirklich Spaß mit diesem Werk zu haben. So weit, so gut. In Hinsicht auf die Action versagt Anonymus aber leider. Grundsätzlich wird zu Beginn einer Auseinandersetzung ausgeblendet und der Faden auch erst dann wieder aufgegriffen, wenn bereits alles gelaufen ist. Die einzige Ausnahme bildet hier das Finale, in welchem die Geschehnisse aus der Sicht eines der Teilnehmers etwas detaillierter geschildert werden. Mit einem Action-Thriller hat man es also in jedem Fall nicht zu tun. Trotz dieser Schwächen ist es mir aber schwer gefallen, "Das Buch ohne Namen" aus der Hand zu legen. Die Story selber entwickelt sich mit rasender Geschwindigkeit weiter und wird dabei immer spannender. Man möchte unbedingt wissen, wie es weiter geht. 

Erwähnenswert ist auch noch, dass sich der Roman nicht völlig ernst nimmt. Das merkt man schon an der erwähnten Überzeichnung der Charaktere - und das schlägt sich auch in der humoristischen Schlagseite nieder. Man sollte natürlich nicht erwarten, mit dem feinen, zynisch-ironischen Humor eines Pratchett oder Gaiman konfrontiert zu werden. Anonymus setzt, wunderbar einhergehend mit der Brutalität seiner Schilderungen, auf einen eher brachialen Humor. Darauf muss man sich einlassen wollen, keine Frage. Wenn man das aber tut und ihn im Idealfall ohnehin mag, wird man aber auch hieran seine blanke Freude haben. Auch sollte man zum "Buch ohne Namen" noch sagen, dass man es nicht ausschließlich mit Menschen als Charakteren zu tun bekommt. Hier und dort taucht der eine oder andere Untote, meistens in Form von Vampiren, auf. Ich hätte es gut gefunden, wenn das im Klappentext zumindest angeschnitten worden wäre - nicht, weil ich mit dieser Thematik nichts anfangen könnte, sondern weil man mit der vorliegenden Beschreibung vielleicht eine eigene Erwartungshaltung aufbaut, die der Roman nicht erfüllen kann. Hierfür gibt´s Abzüge in der B-Note.

Fazit:

Ich hatte einen Heidenspaß mit "Das Buch ohne Namen". Abgedreht und blutig, dabei aber spannend und unterhaltsam bis zum Ende. Da  es mit unter aber sehr speziell ist, muss man sich als Leser wirklich darauf einlassen wollen, sonst wird man wohl nicht viel Vergnügen mit dem Roman haben. Ich für meinen Teil freue mich aber schon auf "Das Buch ohne Staben" und "Das Buch ohne Gnade", welche die Geschichte des Bourbon Kid fortsetzen.

Freitag, 20. Juli 2012

Stan Nicholls - Die Orks

Inhaltszusammenfassung:
Maras-Dantien, die Wiege der älteren Rassen und auch die Heimat von uns Orks, steht in Flammen. Die älteren Rassen und die Spätankommer, die so genannten Menschen, führen Krieg gegeneinander und Krieg ist unser Metier: Wir Orks leben für den Kampf.

Ich bin Stryke und mein Trupp, die Vielfrasse, gehört zu den Besten. Also war es nicht wunderlich, dass Königin Jennesta uns den Sonderauftrag erteilte, ein gestohlenes Artefakt wiederzubeschaffen. Doch dann stießen wir bei unserer Suche auf Probleme und konnten unsere Vereinbarung mit der Königin nicht einhalten.

Das gestohlene Artefakt muss wirklich wichtig sein, denn Jennestra erklärte uns im Nu für vogelfrei und hetzte uns alles auf den Hals, was sie anzubieten hatte: Kriegstrupps, Drachenpatrouillen, Kopfgeldjäger.

Jetzt haben wir erfahren, dass es noch vier weitere dieser Artefakte gibt. Wir wissen nicht, was sie bewirken oder wozu sie gut sind. Wir wissen nur, dass sie heiß begehrt sind. Also werden wie sie uns holen. Wenn es sein muss mit Gewalt! Schließlich sind wir Orks und drauf verstehen wir uns ...
Kritik:
Lange Zeit bin ich um "Die Orks" herum geschlichen, ohne mich so wirklich ran zu trauen. Auf der einen Seite liest sich die Thematik durchaus interessant, auf der anderen Seite wirkt der Klappentext ein wenig reißerisch und die Verbindung zu Tolkien (dessen Herrn der Ringe ich im übrigen sehr schätze und deswegen immer äußerst skeptisch bin, wenn mich ein Buch zu sehr daran erinnert) ist einfach zu naheliegend. Irgendwann lag "Die Orks" dann aber auf dem Gabentisch, ich hatte also  keinen Grund mehr, mich darum herum zu drücken. 
Nicholls versteht es gut, aus den "Bösen Buben" der Fantasy einen durchaus sympathischen und - soweit das bei der gewählten Rasse möglich ist - menschlichen Haufen zu machen. Der Klappentext, der die Protagonisten als gewalttätigen Haufen von Mordbrennern darstellt ist also ziemlich überzogen. Was aber nichts macht, denn durch diesen Umstand hebt sich der Roman wohltuend von der Masse der Fantasy-Bücher ab, in denen Orks weitestgehend als Kanonenfutter und Bösewichte herhalten müssen. Geschrieben ist das Buch locker-flockig, ohne dabei zu sehr in einen trivialen Schreibstil abzudriften. Ebenso erzeugt der Autor vom Start weg einen Spannungsbogen, der den Leser nicht mehr los lässt. Man möchte unbedingt wissen, wie es mit Stryke und seinem Kriegstrupp weiter geht, man ist gespannt darauf, wie die internen Zwistigkeiten zwischen den Mitgliedern sich entwickeln, man ist gespannt darauf, was Strykes immer wieder eingestreuten Träume zu bedeuten haben - was aber auch der größte Schwachpunkt des Werkes ist, dazu aber später mehr. Die Charaktere selber sind gut gezeichnet und individuell ausgefallen und das nicht nur auf die Hauptakteure bezogen, auch hier unterscheidet sich "Die Orks" also vom Fantasy-Allerlei. Nicholls ist aber nicht nur in der Lage, Spannung aufzubauen, das zeigt er spätestens, wenn die "Vielfraße", so der Name des Kriegstrupps, in eine der (zahlreichen) Schlachten des Romans ziehen. Actionreich ist wohl der treffendste Ausdruck für diese Passagen. Und zwar Action auf Niveau eines FSK18-Filmes, es wird sich nicht zurück gehalten, es fliegen Körperteile in rauhen Mengen und die Darstellungen sind sehr explizit. Man sollte also nicht gerade zimperlich sein, wenn es um Gewaltdarstellungen geht. Ich selber habe damit wenig Probleme (wie man wohl auch an meinem Filmgeschmack erkennen kann), ich kann mir aber gut vorstellen, dass es durchaus potentielle Leser geben mag, die auf einige der geschilderten Details gut und gerne hätten verzichten können.
Ich erwähnte oben bereits die Traumsequenzen. Sie sind wichtig für die Handlung, keine Frage. Sie sind auch nicht schlecht geschrieben und fügen sich als ruhiger Gegenpol in die harte, actionlastige Haupthandlung ein. Leider zeichnet sich durch aber auch, spätestens im letzten Drittel ab, wo die Reise von Stryke und seiner Truppe hinführen wird und was es mit den Artefakten, nach denen sie sucht auf sich hat. Das ist etwas schade, hier hätte ich mir die Überraschung für einen späteren Zeitpunkt gewünscht. Dieser Umstand mindert die Motivation weiter zu lesen aber nur sehr bedingt, ob das Unterfangen letztlich gelingt wird tatsächlich erst auf den letzten Seiten aufgelöst - einen Abzug in der B-Note muss man hierfür also nicht zwangsläufig geben. Erwähnenswert ist auch, dass es zwar mittlerweile zwei Fortsetzungen gibt, aber zumindest der erste Teil eine in sich abgeschlossene Handlung bietet, man also nicht gezwungen ist, sich ale Teile gleichzeitig zu organisieren, wenn man einfach nur einmal wissen möchte, ob man sich mit den Orks anfreunden kann.
Fazit:
Wir haben es hier mit einem Buch zu tun, welches sich wohltuend von der Masse der Fantasy-Romane unterscheidet und dennoch jedem Fan des Genres ans Herz gelegt werden kann. Man wird auf knappen 800 Seiten von Anfang bis Ende gut unterhalten.

Mittwoch, 11. Juli 2012

Stephen King - Die Arena

Inhaltszusammenfassung:

Gerade will Dale „Barbie“ Barbara, Imbisskoch und Irak-Veteran, die Kleinstadt verlassen, da senkt sich die Kuppel wie eine Guillotine herunter und macht seine Ausreise unmöglich. Dann hält das Grauen Einzug in den Mikrokosmos – vor allem dank der Taten des skrupellosen Autohändlers und Provinzpolitikers „Big Jim“, der seine Mannen mordend durch die Gegend ziehen lässt, während die Außenwelt hilflos zusehen muss. Am Ende, als kaum mehr Erwachsene am Leben sind, liegt das Schicksal von Chester’s Mill und seiner wenigen Überlebenden in den Händen der Kinder...


Kritik:

Nun ja, was soll man sagen... man hat es mit einem Roman von Stephen King zu tun. Der gute Mann mag ein Großmeister seines Faches sein, aber er ist auch einer dieser speziellen Fälle, die man entweder liebt oder hasst. Ich für meinen Teil bin großer King-Fan und kann trotz seines "nichtssagenden Geschwafels", wenn ich an dieser Stelle einmal einen Menschen zitieren darf, mit dem ich mich über ihn unterhalten habe, sehr viel mit so ziemlich jedem Roman anfangen. 

Die Geschichte von "Die Arena" liest sich schon in der kurzen Zusammenfassung interessant - und wie es für den Autoren typisch ist, geht es auch schon von Anfang an ziemlich zur Sache. King verschwendet hier nicht viel Zeit damit, uns mit den Charakteren seiner Geschichte vertraut zu machen, sondern wirft uns zunächst einmal mitten in die Action. Ein sehr gelungener Auftakt, der Lust auf mehr macht. Man kann sagen, dass es "Die Arena" gelingt, einen konstanten Spannungsbogen aufzubauen, welcher immer zum weiterlesen animiert. Nicht zuletzt dürfte dieser Umstand sich auf die Tatsache gründen, dass sich die persönlichen Hintergründe der Protagonisten erst im Lauf der Story erschließen - ebenso wie vorhandene Beziehungen zueinander immer weiter vertieft werden. Natürlich trägt auch die Geschichte selber ihren Teil dazu bei, dass man das Buch nur ungerne aus der Hand legt. Sie ist King-typisch detailverliebt geschrieben, ohne dabei jedoch zu sehr von der eigenen Story abzudriften. Die Charaktere selber sind leider sehr archetypisch geraten. Man hat auf dieser Seite "Die Guten" und auf der anderen Seite "Die Bösen", dazwischen gibt es leider nicht sonderlich viel - und bedauernswerter Weise ist auch von Anfang an abzusehen, wer auf welcher Seite steht, hier wäre mir die eine oder andere Überraschung lieber gewesen. Schade. Lediglich die Leidensgeschichten einiger Nebencharaktere lockern dieses Schwarz/ Weiß etwas auf, auch wenn sie nichts mit der eigentlichen Geschichte von "Die Arena" zu tun haben, beziehungsweise nur einen unmaßgeblichen Anteil der Hauptstory darstellen.

Man merkt also durch und durch, dass King sein Handwerk nach wie vor versteht, auch wenn die Idee zu "Die Arena" laut dem Autoren bereits vor 30 Jahren entstanden sein soll - und die Geschichte an sich einem sicherlich schon sehr bekannt vorkommen mag. Ich lasse an dieser Stelle einmal dahin gestellt, ob das wirklich so ist, denn die Grundstory kennt man spätestens seit dem Simpsons-Kinofilm. Der Roman ist später erschienen, was mich persönlich mit leichten Zweifeln auf die Glaubwürdigkeit dieser Aussage blicken lässt. Für meinen Geschmack sind die Parallelen hier zu groß und King ist im Vorwort einfach zu bemüht, sein Werk als "Original" darzustellen. Das gibt Abzüge in der B-Note. Wesentlich schwerer wiegt aber noch dieser wirklich nicht gelungene Twist Richtung Science-Fiction, welcher zum Ende des Buches immer mehr ins Rollen kommt. Hier möchte man sagen "Schuster bleib bei deinen Leisten", denn speziell diesen Teil finde ich einfach nicht gelungen, auch wenn mancher Leser hier jetzt vielleicht sagen möchte, dass unserer Gesellschaft damit eine Art Spiegelbild vorgehalten werden soll. Mag sein - aber auch das ist einfach zu sehr dahin geklatscht, um wirklich zu funktionieren. Hätte der Autor auf diesen Teil seiner Geschichte verzichtet und das vor sich hin köchelnde Süppchen vielleicht mit etwas mehr Originalität versehen können, wäre vielleicht aus einem guten ein großartiger Roman geworden. So bleibt es aber unter´m Strich "Nur ein King".

Fazit:

Das Buch ist keinesfalls schlecht. Es ist spannend und gewohnt gut geschrieben. Es ist aber auch um Längen von der eigentlichen Klasse Stephen Kings entfernt. Eher etwas für Fans.

Sonntag, 27. Mai 2012

Jay Dobyns - Falscher Engel



"Sie fahren Harleys, tragen Lederjacken, Bärte und Tattoos. Sie schrecken vor Gewaltverbrechen nicht zurück und führen blutige Bandenkriege − die Hells Angels, der legendäre Bikerclub. Der amerikanische Undercover-Agent Jay Dobyns gewinnt ihr Vertrauen. Am Ende funktioniert die Tarnung so gut, dass Dobyns in den Inner Circle der Hells Angels aufgenommen werden soll. Erst da erkennt der Agent, dass er sich in Lebensgefahr befindet. In diesem Buch schildert er seine abenteuerlichen Ermittlungen, die ihn fast seine Familie, seine Gesundheit und sein Leben gekostet hätten." (Amazon.de)


Kritik:


Ich muss gestehen, dass ich gegenüber Büchern mit dem Label "Spiegel Bestseller" meistens eher kritisch denke. Ich habe offenbar nicht die intellektuelle Bandbreite, die offenbar meistens nötig ist, um mit diesen Schmökern Spaß zu haben. Trotzdem konnte ich irgendwie nicht an "Falscher Engel" vorbei gehen, schlicht und einfach weil die Thematik mich schon irgendwie interessiert hat. Also Buch eingesagt, aufgeschlagen und losgelesen.


Ich muss gestehen, dass ich anfangs etwas enttäuscht war. Zwar war das Buch für einen Tatsachenbericht locker und interessant geschrieben, allerdings fehlte mir zu Beginn etwas die Motivation, weiter zu lesen. Warum? Ich kann es nicht einmal mit Sicherheit sagen, irgendwie fiel es mir schwer, Zugang zu Dobyns zu bekommen - was sich allerdings bereits nach etwa 50 Seiten änderte. Langsam begann sich die Spannung aufzubauen, die sich auch bis zum Ende immer wieder in den Vordergrund drückt, stellenweise hat man sogar den Eindruck, es nicht mit einem Bericht (Dobyns sagt im Nachwort, dass wohl "Memoiren" die passendste Bezeichnung für sein Buch wäre) sondern eher mit einem Roman zu tun zu haben. Man möchte unbedingt wissen, wie es weiter geht. Hierbei muss aber gesagt werden, dass weder die Praktiken des Ermittlerteams noch die Welt der Hells Angels detailliert wiedergegeben werden, sondern dass Dobyns nur an der Oberfläche kratzt. Hier wäre ein wenig mehr Einsicht sicherlich interessant gewesen, wobei man speziell bei den polizeilichen Hintergründen schon Verständnis dafür hat, dass nicht übermäßig viele Details benannt werden. 


Was "Falscher Engel" wirklich interessant macht, ist die Geschichte des Autoren selber. Er beschreibt sehr eindringlich, wie er immer mehr von Jay Dobyns, Cop - einer von den Guten zu Jaybird Davis, Motorradrocker, Waffenschieber und Auftragskiller wird. Er beginnt, die Rolle die er spielt wirklich zu leben, zu einem von den Bösen zu werden. Sein psychischer Zustand wandelt sich dramatisch und sein "wahres" Leben tritt immer mehr in den Hintergrund. Und genau dieser Teil macht das Buch so lesenswert. 


Man darf nicht erwarten, dass viele Tatsachen, die man nicht schon aus Dokus, Nachrichten und Gerüchten kennt ans Tageslicht kommen. Was die Hells Angels so alles treiben, dürfte wohl jedem schon einmal in irgendeiner Form zu Ohren gekommen sein. Zwar sind die wenigen Details, die Dobyns beschreibt interessant zu lesen, aber er selbst kratzte halt trotz aller Bemühungen immer nur an der Oberfläche. Viele Internas sind auch ihm verschlossen geblieben. 


Enttäuschend ist das Ende, da man hier den Eindruck gewinnt, dass der Autor endlich zum Schluß kommen wollte. Es wirkt mitunter etwas sprunghaft und es macht sich das Gefühl breit, dass er keine Lust mehr hatte, weiter an seinem Buch zu arbeiten. 


Unterm Strich bleiben aber gute 350 interessante, großteils spannende Seiten, die aufzeigen, wie hoch die Belastung auf einen Undercover-Bullen in einer Extremsituation ist - und die auch klar machen, wie hoch die Gefahr ist, sich selbst an seine Rolle zu verlieren. 


Klare Empfehlung, ich würde hier 4/5 Bücherwürmern vergeben.